Einmal Mittelmeer retour

Fast 4 Jahre habe ich gebraucht um das Mittelmeer zu durchqueren und nicht einmal 4 Monate wieder retour. Eine wirklich schöne Zeit liegt hinter mir, ich habe mir fast alle Länder ansehen können und habe mich in dem einen oder Anderen sogar so wohl gefühlt, dass ich mir hätte vorstellen können dort zu leben. Ich habe wundervolle Menschen kennen gerlernt, hab mein Herzchen an den einen oder anderen verschenkt, bin auf den verschiedensten Booten mitgefahren und werde meine große Liebe die VEGA niemals vergessen oder aus den Augen verlieren. Nicht einen Tag bereue ich, nicht eine geweinte oder gelachte Träne. Ich bin so voll von Erinnerungen und erlebten Abenteuern, aber mein Fernweh ist stärker und so treibt es mich weiter, hinaus in die Welt. Mir ist schon etwas mulmig zumute, denn all die Kontakte die ich im Mittelmeer knüpfen konnte, nutzen mir nun nichts mehr, ich fange quasi wieder von vorne an.

Obwohl das auch nicht ganz stimmt, denn ich durfte ja in den letzten 6 Wochen bei www.sea-change-segeltörns.com mitsegeln und habe mich rundherum wohl gefühlt. Auch sie fährt, allerdings mit einer Exclusivcrew, über den Atlantik. Der Eigner hatte meinen Hilferuf auf Facebook gelesen, als ich in Olbia von der Moody 45 floh und rief mich spontan an, dass noch ein Platz bei ihm frei wäre und ich gerne mit ihm mitsegeln könne. Was für ein Glück das war, kann ich bis heute kaum fassen, zumal er mir sogar von sich aus HgK + Bordkasse anbot. Ich bin ihm sehr dankbar dafür und hoffe, wir bleiben auch weiterhin in Kontakt, denn es folgte eine wunderbare Zeit.

Ich fuhr also mit Bus und Bahn nach Cagliari hinunter und checkte keine Woche nach meiner Flucht auf der Sea Change II ein. Natürlich lag es nicht nur an der großartigen Crew, dem wirklich geräumigen Schiff, einer Bavaria 55, sondern auch an der sehr angenehmen Art des Skippers, das es mir so gut gefiel. Wir lagen sofort auf einer Wellenlänge, hatten unendlich viel Spaß und eine wirklich schöne und entspannte Zeit. Von Cagliari segelten wir also über ein paar Buchten, hinüber nach Menorca und dann wiederum nach Mallorca. Die meiste Zeit hatten wir Glück mit dem Wetter, so das wir zu 70% segeln konnten und ich auch endlich mal wieder unter Gennaker (diesem großen bunten Segel), in der Hängematte liegend, über die Meere rauschen konnte. Das ist leider nicht so oft möglich und auch nicht ganz so einfach, aber unser Skipper beherrschte es perfekt. Ich lernte wieder sehr viel, auch wie ruhig und besonnen ein Manöver vonstatten gehen kann und ich perfektionierte eine spezielle Wurftechnik der Leinen beim anlegen, so das ich nie wieder einen Marinero brauchen werde.

Auf Mallorca wechselte dann nicht nur die Crew, sondern auch der Skipper, der sich fortan “mein Lieblingsskipper” nennen darf. Ich habe ja nun in den letzten Jahren schon einige Skipper erlebt, aber jemanden mit solchem Erfahrungsschatz, einer Ruhe die wohltuend umsich greift und einer Sicherheit die, bei egal welchen Schwierigkeiten, ihresgleichen sucht, habe ich noch nicht erlebt. Ihr findet ihn unter www.bresewind.de und ich kann ihn sowohl bei Veranstaltern, als auch bei Gästen nur wärmstens empfehlen, obwohl er meine Empfehlung wohl kaum brauchen wird. Zwinkerndes Smiley Wir segelten also hinüber zu Spaniens Festland und ich konnte mir noch einmal die wirklich schönen Städte Calpe und Cartagena anschauen, neue Eindrücke in Alicante und Benalmadena sammeln und mich von Freunden in Almerimar und Gibraltar verabschieden. Ein weiteres Highlight war natürlich, dass mich mein Sohn ab Benalmadena begleitete und mit mir und drei weiteren Crewmitgliedern, die Überfahrt auf die Kanaren antrat.

Auch wenn der grausame Fund gleich zu Beginn dieser Überfahrt, all unsere Vorfreude darauf trübte, schweißte es uns dennoch zusammen. Denn leider spielte das Wetter verrückt, keine der Vorhersagen traf ein, statt angekündigten 25kt aus Nordwest, bekamen wir 35kt aus Südwest natürlich genau gegenan, sodass wir ordentlich durchgeschüttelt wurden und selbst dem härtesten Seemann flau im Magen wurde. Wir wechselten die Wache in 4 Stundenschichten in rollendem System, so dass es nicht langweilig wurde. Und nachdem wir uns an all das gewöhnt hatten, schafften wir es sogar die eine oder andere Freiwache nicht schlafend zu verbringen. Ansonsten war es eine fast normale Überfahrt, die Starterbatterie versagte aus unerfindlichen Gründen ihren Dienst, aber zum Glück hatten wir MacGyver on bord, der aus dem Landladekabel ein Sarterkabel zur Generatorbatterie bastelte und auch das herunter gerutschte Gelenk des Ruderanlagekolbens war letztendlich mit einer Unterlegscheibe besser repariert als mir der provisorischen Strippe. Ich möchte wirklich einmal erleben, dass etwas nicht kaputt geht an so einem Boot… man wird ja wohl träumen dürfen.

Nach 5 Tagen und 10 Stunden landeten wir dann also auf Lanzarote an und gönnten uns erstmal einen Tag Pause um uns, das Schiff und unsere Wäsche zu waschen und einige Kleinigkeiten, wie ein Riß im Vorsegel zu nähen und einen verloren gegangen Relingdrahtspanner zu ersetzen. Mein Sohn hatte zwar seinen Flug verpasst, aber zum Glück sind die Flüge von den Kanaren ja recht günstig, so dass er noch beinahe rechtzeitig zu seinem Job als studentische Aushilfe zurück kam und nun seine Bachelorarbeit fortführen kann. Wir haben diese gemeinsame Zeit sehr genossen und er kann sich nun noch viel besser vorstellen, was mich an diesem Leben so sehr fasziniert und wie stolz man darauf ist, so eine Überfahrt gemeistert zu haben. Das nächste mal werden wir uns wohl erst in einem halben Jahr wiedersehen, aber zum Glück gibt es ja soziale Medien. Der 30 Stündige Schlag hinüber nach Gran Canaria, vorbei an Fuerteventura, war dann beinahe ein Katzensprung und für uns erprobten Langfahrer trotz mehrfacher Gewitter, deren Blitze uns das eine oder andere mal haarscharf verfehlten, beinahe erholsam.

Nun habe ich also 1916sm mehr auf meiner Seemeilenuhr und taste mich langsam heran an lange Strecken ohne Land in Sicht. Nach einer Woche Verschnaufpause in Las Palmas und einigen längst überfälligen Zahnarztbesuchen, geht es für mich dann weiter mit der Fähre nach La Palma, wo ich auf der sagenumwobenen MARLIN einchecken werde. Ich bin sehr gespannt auf deren Eigner und freue mich auf die Geschichten, die dieser sturmerprobte Weltumsegler, von seinen bisherigen Reisen, zu berichten hat. Aber natürlich freue ich mich auch auf die Kapverden, die so ganz anders als das sein werden, was ich bisher kennengelernt habe. Wenn alles klappt und wir uns verstehen, werde ich für weiter 4 Wochen auf den Kapverden bleiben und dann den Sprung mit ihm über den Atlantik wagen, ich könnte mir kein geeigneteren Umstände dafür vorstellen, ein Schiff das dafür gebaut wurde und ein Skipper der die nötige Erfahrung hat. Wie es dann in der Karibik weitergeht, steht noch in den Sternen… ich bin von der Sea Change II ja nur beurlaubt und nicht entlassen und könnte natürlich wieder auf ihr einchecken, aber will ich wirklich schon im nächsten Jahr wieder zurück nach Europa? Skipperaufträge hätte ich schon jetzt genug, aber ersteinmal schauen, wie weit meine Reisekasse ohne zu arbeiten reicht Erstauntes Smiley denn die Karibik wird ganz sicher teurer als Europa und ganz umsonst komme ich mit der MARLIN nun doch nicht über den Atlantik. Es bleibt also spannend…