Karibik – Große Antillen

Wie auch in den letzten vier Jahren, ging mein Abenteuer weiter – neuer Skipper, neue Crew, altes Boot. Die Sea Change II war inzwischen ja schon wieder mein zu Hause geworden, ich kannte jeden Winkel und jedes Fall und das war auch gut so, denn so konnte der Eigner für ein paar Wochen beruhigt zurück nach Deutschland fliegen, sein Schiff in guten Händen wissend… so dachte er. Aber alles fing schon anders an als gedacht.

Nachdem wir mit der neuen Crew für die nächsten zwei Wochen verproviantiert hatten, denn die nächsten Inseln würden eher nicht das reichhaltige Angebot der französischen Inseln vorweisen können, sollten sich alle noch einmal eine warme Dusche gönnen, denn auch diese würde in den nächsten Tagen eher spartanische ausfallen. Gesagt getan, eine Stunde Zeit war angesagt, solange brauche ich niemals zum duschen, also noch schnell ein letztes mal ins Internet gucken. Und dann kam der große Schreck – keine Sea Change II weit und breit zu sehen! Erstauntes Smiley Es ein eigenartiges Gefühl, auf dem Steg zu stehen, vor einem leeren Liegeplatz. Ein Schelm der böses dabei denkt, nur war ich weder zu langsam, noch die Crew darauf bedacht mich loszuwerden. Der Skipper war schuld, denn ihm fiel etwas zu spät ein, dass die Brücke auf St. Marteen nur zu jeder vollen Stunde aufging und an Sonntagen nur bis 17:00Uhr. Also musste er eine schnelle Entscheidung treffen und legte ohne vollständige Crew ab. Allerdings bin ich ja, wie bekannt, eine Katze und finde den Weg nach Hause immer zurück, in diesem Fall half mir allerdings der Hafenmeister, der mich mit dem Dingi hinterher brachte.

Die nächsten Tage verliefen allerdings nicht weniger chaotisch. Der Skipper entschied gleich die erste Nacht durchzufahren, er kannte die neue Crew aus vergangenen Törns, nur vergaß er, dass die neue Crew das Boot nicht kannte. Er legte sich also schlafen und verließ sich ganz auf das Können seiner Mannschaft und wohl auch auf mich, denn ich wusste ja wie alles funktionierte. Meine Nacht war dementsprechend kurz. Der nächste nicht zu verachtende Fakt war, dass ich als Frau das Küken war und alle anderen gestandene, leider aber auch schon sehr alte Männer. Es waren also fortan 6 Skipper an Bord, die alle dank ihres Alters schwer hörten und auch in ihren Reaktionen etwas langsam waren. Dieser Umstand führte zwar zu witzigen Vorfällen, aber leider auch zu unschönen, denn wenn 6 Skipper an einem, vom letzten Hurrikan zerlegten, Steg anlegen wollen, muss es unweigerlich zu einer Kollision kommen. Auch hält ein Schäkel, der eigentlich zum halten der Dirk vorgesehen ist, nur bedingt einen Bullenstander davon ab, den Baum aufzufangen, ein Bolzen am Holepunkt nur kurzzeitig, wenn das Vorsegel dauerhaft schlägt und das Relais der Ankerwinsch eben gar nicht, wenn sie angeschaltet bleibt und die Fernbedienung dauerbetätigt wird, da sie zwischen den Winschkurbeln liegt. Wie schon beim Großeinkauf fühlte ich mich wie eine Kindergärtnerin, die den Kindern ständig die Spielzeuge aus der Hand reißen muss, weil man einfach Schäden begrenzen will, die durch unsachgemäße Behandlung zwangsläufig  entstehen müssen. Das ich dabei nicht ganz so gut wegkam, kann man sich vorstellen, denn der Skipper hat das letzte Wort und ich sah schon den Eigner die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Aber ich versuchte dennoch diese Reise zu genießen, denn schon die ersten Buchten auf den BVI´s waren einfach traumhaft. Auch wenn die drei Tage dort nicht annähernd ausreichten, wusste ich nun wo ich locker ein paar Wochen verbringen könnte. Denn auch wenn dort die Hurrikans in den letzten Jahren einige Schäden verursacht hatten, war es traumhaft schön, ich hatte die Barcardiinsel gefunden Smiley mit geöffnetem Mund Die nächsten Nächte, vorbei an Puerto Rico, hinüber zur Dominikanischen Republik waren dann weniger anstrengend wie die Erste mit neuer Crew, denn nun wusste jeder was zu tun war. Leider war die DomRep eine große Enttäuschung, nicht nur das wir allein für die Einklarierung 300,-$ hinblättern mussten, durften wir am ersten Abend die Marina nicht verlassen, weil die Immigration schon geschlossen war. So beschlossen wir noch eine Nacht dort zu verbringen, was mit 100,-$ Liegegebühren nicht gerade ein Schnäppchen war. Irgendwie sollte mir dieses Land generell kein Glück bringen, denn ich verknackste mir beim Tagesausflug nach Santo Domingo den rechten Fuss, der auch sofort anschwoll und konnte somit leider nichts mehr von der Stadt anschauen. Was ich allerdings sah, war Müll. Müll am Sraßenrand, Müll auf den Plätzen, Müll in der Stadt. Ob nun bei Arm oder Reich, wie es auf den eigenständigen Inseln ja gängig war, wo man hinschaute war Müll. Deshalb war es auch nicht ganz so schlimm, dass ich auch am Abend nicht am Strand von Bocaa Chica den Sonnenuntergang bei Mochito und Lobster verbringen konnte, da ich mit Eis am Fuß statt im Glas vorlieb nehmen musste, mein Portemonnaie hingegen freute sich. Zum Glück war nur ein Außenband gezerrt, so das ich die Überfahrt, vorbei an Haiti, hinüber nach Cuba nutzen konnte, um die Schwellung mit einem Kühlakku zu reduzieren.

CUBA Herz was für ein Land! Schon die Einfahrt nach Santiago war beeindruckend. Zu rechter Hand eine Festung, die majestätisch darüber wacht, wer die Bucht befuhrt, wie auch die kleinen bunten Häuser links und rechts. Genauso hatte ich mir Cuba vorgestellt und genauso sollte es sich mir auch in den nächsten Tagen und Wochen präsentieren. Die Menschen waren hinreißend, ich habe lange nicht mehr so oft die Hände geschüttelt bekommen und selbst die Immigrationbeamten begrüßten uns mit Küsschen. Allerdings waren die auch noch am selben Abend bis spät in die Nacht parat, so das wir sofort die Marina hätten wir verlassen können und für das ganze Schiff nur 55,-€/CUC Einklarierung plus 33,-€/CUC Liegegebühren bezahlen mussten. Auch das Visum war ganz unkompliziert ausgestellt, auch wenn es doppelt so teuer war, als wenn es Deutschland beantragt worden wäre. Natürlich half uns auch hier, das dargereichte Bier als Gastgeschenk, was dann später mit mitgebrachten Haarglätteisen, ausrangierten Kleidungsstücken und Seife ergänzt wurde. In Cuba wird allerdings nicht gebettelt, es wird getauscht. Und so bekamen wir alles was das Herz begehrte, wobei Pedro (chachi611206@nauta.cu), der mit seiner Frau Rosa gegenüber der Marina in einer grünen Holzhütte wohnt, maßgeblichen Anteil daran hatte. Ob nun Zigarren, Rum, Obst und Gemüse, Eier oder das schwer erhältliche Brot, er besorgte innerhalb kürzester Zeit alles was wir brauchten. Sicher verdiente er seinen Anteil daran, aber es sei ihm vergönnt, denn wir haben nicht nur einmal versucht auf eigene Faust das alles zu besorgen und schon allein für die Taxifahrt 20,-€/CUC bezahlt, für die wir bei Pedro ganze drei Tüten Lebensmittel bekommen hätten.

Die Fahrt hinein nach Santiago ist ein Erlebnis sondergleichen, wenn man  das Wassertaxi nimmt, das stündlich mit lautschallender Musik, ein paar Meter hinter der Marina, die übrigens nur aus zwei Stegen für insgesamt 8 Boote besteht, anlegt. Nach einer knappen halben Stunde erreicht man Santiago, das nicht nur wegen seiner großartigen alten Autos, sehenswert ist. Es gibt dort eben nicht diesen extremen Unterschied zwischen Arm und Reich, dort haben alle Bewohner eine Grundversorgung an Lebensmitteln, für die mit Marken gesorgt wird. Natürlich sind die Cubaner pfiffig und versuchen die Touristen z.B. für ein paar €/CUC mit Stadtführungen oder auch Internetkarten für den doppelten Preis zu versorgen, aber da es eh nur ausgewählte Wlan-Spots gibt, reichen die Karten für 2,-€/CUC pro Stunde ziemlich lange. Somit sieht man auch keine Handyzombies durch die Straßen laufen, die Menschen reden in den Restaurants noch miteinander, was auch für uns eine völlig neue Erfahrung war Zwinkerndes Smiley Auch das Nachtleben in Santiago ist unbedingt erwähnenswert, überall hört man Livemusik, ob nun in den Restaurants, den Salzaclubs oder einfach auf der Straße, egal an welchem Wochentag, Musik, Tanz und Lebensfreude wohin man schaute. Ob wir wollten oder nicht, wir wurden unweigerlich mitgerissen und verbrachten die eine oder andere Nacht engumschlungen tanzend, mit dafür extra bereitgestellten Eintänzern. Cuba Herz

Für mich zusätzlich sehr schön war, das uns Pedro und Rosa zum Essen einluden und wir somit auch einmal live erleben konnten, mit welchen einfachen Mittel ein sehr schmackhafter Schweinerücken sogar mit knuspriger Kruste und natürlich den üblichen Bohnen mit Reis gezaubert werden konnte. Schließlich hatten wir den Lobster in den Cubanischen Restaurants beinahe über, der als Alternative zum plattgeklopften Huhn angeboten wurde. Aber auch zu sehen wie, für unsere Verhältnisse, ärmlich aber dennoch glücklich die Leute dort lebten, war sehr beeindruckend. Und so gaben wir gerne wenn wir gefragt wurden, denn auch bei der Reparatur der Ankerwinsch und der Badplattform wurde uns hervorragend und schnellstens geholfen. Die Cubaner sind im allgemeinen ja sehr erfindungsreich, wenn es den Schäkel nicht zu kaufen gibt, wird er eben repariert, auch der über den Atlantik geschrottete Genacker, bekam eine neue Naht und das Steuerrad neue Schweißpunkte und das alles für einen Bruchteil dessen, was es woanders gekostet hätte. Dieses Land begann mein Herz zu erobern, war mir vieles doch aus meiner Jugend in der DDR vertraut.

Dahingegen war Jamaika eine Enttäuschung und ein Kulturschock schlechthin. Etwas über eine Woche verbrachten wir dort und schon Montego Bay, mit seinem englischen Yachtclub strotzte vor überquellendem Reichtum. Im Supermarkt gaben wir für einen vollen Einkaufskorb ganze 400,-$ aus, was bei den Preisen (5,-$ je Artikel) auch nicht weiter verwunderlich war. Das zog sich weiter an Jamaikas Küste entlang, Villen so weit das Auge reichte und erst in San Antonio bekamen wir dann das echte Jamaika live geboten. Nicht nur Junkies in der Nacht auch Mütter mit Kindern bettelten uns am Tag an, wo wir gingen oder standen. Alle Geschäfte, selbst die Bäckerei war vergittert, dabei waren die Preise dort recht verträglich und man bekam sogar wieder Streetfood für kleines Geld. Aber der Hunger war den Menschen echt anzusehen, so hatte ich mir Jamaika nicht vorgestellt. Da nutzte es auch nichts, das uns an jeder Ecke Bob Marley Zigaretten von hervorragender Qualität für kleines Geld angeboten wurden, die so offensichtliche Armut wirkte echt abstoßend und im Gegensatz zu den anderen karibischen Inseln, wirkten die Menschen hier trotz dessen so gar nicht glücklich.

Zurück auf Cuba mit neuer Crew und altem Skipper, sahen wir uns diesmal die sozialistischen Supermärkte an, die allerdings auch für die Cubanischen Einheimischen eher unerschwinglich waren. Die Produkte kamen fast ausschließlich aus Spanien und bei einem Monatseinkommen von 30,- bis 40,-€/CUC im Monat, war selbst WC-Papier für 3,-€/CUC Luxus. Auch gab es im Norden der Insel nun überhaupt kein Brot mehr zu kaufen, zum Glück hatten wir vorgesorgt und konnten an Bord backen. Landschaftlich ist der Süden Cubas von See aus dagegen wirklich schön anzusehen. Saftig grüne Palmenwälder, Buchten die tief ins Landesinnere gehen und von Mangroven eingegrenzt sind. Allerdings gibt kaum Buchten zum ankern und nur eine Handvoll Häfen bzw. Marinas, somit sind lange Schläge von 80-150sm erforderlich um in sogenannte Internationale Häfen zu kommen, die erforderlich sind um anlegen zu dürfen. Aber wir waren ja schlimmeres gewohnt und so tuckerten wird von Santiago nach Holguin, vorbei natürlich an Guantanamo, wo wir umgehend aus der 12 Meilen Zone herauskomplimentiert wurden, die wir nur haarscharf streiften Sarkastisches Smiley Meine Güte waren die Amis nervig, zumal die da eigentlich nix zu suchen hatten. Vielleicht war auch das der Grund warum wir in der Marina Puerto Vita so mit Argusaugen bewacht und kontrolliert wurden, die Cubaner sind unter den Dauerfittichen der Amis, ein heißes Pflaster. Dafür fanden wir auch dort wieder außerhalb der Marina unheimlich nette Gesellschaft, bei Juanna (alvarohl@nauta.cu)  z.B. konnten wir unsere Wäsche waschen lassen und direkt linkst vor der Marina, hinterm blauen Bauwagen, fanden wir ein ausgezeichnetes privates Restaurant von Karel und Lyssy, die uns mit Lobster verwöhnten und deren wunderbar erhaltener, vom Großvater geerbter Wagen, als Taxi zu mieten ist. Nach 5 Wochen Cuba nahmen wir dann Abschied und segelten vollgepackt mit Cubanischen Lebensmitteln und Herzlichkeit auf die Bahamas. Und sobald ich wieder uneingeschränktes Internet habe, kann auch diesen Eintrag hier veröffentlichen.

Die Bahamas werde ich erst ein wenig vom Wasser und dann 2-3 Monate über Land erkunden. Denn ich habe mich entschlossen nicht mit der Sea Change II wieder zurück nach Europa zu fahren, sondern auf den Bahamas eine Pause einzulegen. Auch wenn ich wirklich wunderbare Angebote von Eignern und Veranstaltern im Mittelmeer habe, werde ich in einem Hostel für Kost und Logis arbeiten, da mich der Hostelbetrieb schon seit einer Weile interessiert. Schließlich habe ich schon in so vielen Hostels übernachtet, der Charterbetrieb ist ja auch ähnlich und mir haben die Holzarbeiten an der VEGA sehr gut gefallen, so dass ich mir in ferner Zukunft gut vorstellen könnte ein Backpacker-Hostel, wie das Shantihome in Izmir, irgendwo auf dieser Welt auszubauen und zu führen. Aber bis dahin muss ich noch die Welt erkunden und meinen Lieblingsort finden und so geht es Ende Mai, diesmal mit einem Katamaran Hector, in Richtung Nordamerika, über Florida und Carolina bis nach Virginia und nach der Hurrikansaison wieder zurück in die Karibik. Ich werde berichten…