Die Überfahrt

DSC_0230-kleinWir fuhren bei herrlichstem Sonnenschein und halbem Wind mit 6 Knoten Richtung Korsika. Wir waren gespannt ob uns andere Boote begleiten würden oder ob wir allein auf große Fahrt gehen würden. Ein bißchen so musste es sich anfühlen, wenn man über den großen Teich fährt, jaja ich weiß das ist kein Vergleich, aber für mich als Ersttäterin war es eine wahnsinns Herausforderung! Die Spannung war quasi zu fühlen, was würde alles passieren? Wie lang würde es uns vorkommen? Würde man nicht müde werden von der Gleichmäßigkeit und Ruhe die uns umgab? Wir hatten eine sehr arge Krängung so bei halbem Wind, aber ich wollte mir trotz allem die Zeit mit kochen vertreiben, wir brauchten ja auch die Stärkung zur Nacht. Es sollte also Champignonsahnepfanne mit Reis geben und ich gab mir erdenklichste Mühe bei dieser Schräglage und ohne schwenkbaren Herd. Es gelang mir auch mit einigen Tricks und ich war gerade fertig und wollte den Herd ausdrehen, als sich der Knopf des Propankochers nicht mehr bewegte. Ich rief voller Panik nach meinem Skipper, was gar nicht so einfach war, denn er konnte in dieser Schräglage die Pinne nicht loslassen. Also ich nach oben, in der Hoffnung dass das Boot derweil nicht abbrannte, denn die Flamme lies sich auch nicht kleiner drehen. Es half dann auch kein darübergeworfenes nasses Handtuch, erst eine Zange gab dem Querulanten den Rest. Das war ein echter Schreck in der Abendstunde, aber dafür schmeckte das Essen um so besser!

Wir entfernten uns immermehr vom Festland, jedenfalls sagte uns das unser IPad, unsere Wahrnehmung sagte uns das nicht. Es ist unglaublich wie wenig man Entfernungen einschätzen kann, wenn man auf dem Wasser ist und das sollte uns noch so manches mal so gehen. Wir ließen uns also treiben und phylosophierten darüber.

DSC_0292-kPlötzlich gab es einen Knall und noch einen, als wenn jemand auf uns schoß. Wir schracken auf und sahen um uns, nichts zu sehen, woher kam das??? Als nächstes hörten wir ein Schleifen, irgendwas war mit dem Genua. Wir sprangen fast gleichzeitig nach vorne und sahen dann das Unheil- uns war die Saling auf Backbordseite vom Mast abgebrochen und schlenkerte jetzt freudig nur noch von den Wanten gehalten hin und her. Wir gingen in Hab-acht-stellung und warteten das sich jeden Moment auch die andere Seite oder schlimmer noch der ganze Mast verabschiedete. Was also tun? Es war echt gruselig!
Wir taten erst einmal nichts, erst als der Wind nachlies, holten wir die Segel ein und starteten unseren 6 (in Worten- SECHS!) PS Außenborder und tuckerten weiter. Es war ein ungutes Gefühl so mit gebrochenem Flügel, aber was sollten wir tun so auf halber Strecke? Es war egal ob wir umkehrten oder weiterfuhren, wir mussten uns mit der Geräuschbelästigung abfinden. Viel schlimmer war aber, dass wir nun nach unserer Ankunft wieder in einen Hafen mussten, um den Schaden beheben zu lassen. Also vorerst keine Ankerbuchten, wo doch das eigentliche Ziel unserer Reise ein ganz anderes war.

Mein Skipper war nämlich Indie-Game-Developer und er hatte die Idee ein Comuterspiel zu entwickeln, in dem man erst weiter kommt, wenn man reale Piratenschätze findet. In diesen Schatztruhen, stehen dann Nummern, mit denen man dann wiederum im Spiel ins nächste Level kommt. So sollte dann den Vätern ein Alibi geschaffen werden, damit sie mit den Kids mal wieder segeln gehen. *fg* Wir hatten also 5 Truhen an Bord, die wir an der Küste Korsikas verstecken wollten und dazu brauchten wir Ankerbuchten und keine Marinas! Aber wir hatten nun keine Wahl.

Mit diesen und anderen Gedanken überkam uns die Nacht, die Sonne versank glutrot hinter uns über dem Festland und wir zogen das erste mal seit über einer Woche warme Sachen für die Nacht an. Zum Glück hatten wir einen Pinnenpilot, so das wir ab jetzt einer geruhsamen Nacht entgegensahen. Und wir wurden mehr als belohnt- ein Mondloser pechschwarzer Himmel mit einer Pracht voller Sterne und unzähligen Sternschnuppen erwartete uns. Wir waren überwältigt und versuchten die Sternzeichen zu erraten die fast zum greifen nahe schienen. Ein wunderbares Gefühl so dahin zu gleiten, in schwarzer Nacht, bewacht von der Natur. Was für ein Glück das wir es beide so empfanden und uns auch nie der Gesprächsstoff ausging. Ab und an tauchte ein Licht am Horizont auf, nur kam es selten näher, so das wir ganz allein mit uns waren.

So ging diese wundervolle Nacht beinahe viel zu schnell vorbei, aber das was uns dann erwartete war einfach Atemberaubend!

DSC_0272-kEin glutroter Himmel, der vom orange ins goldgelb wechselte. Das Wasser Spiegelblank und glatt wie Eis. Und dann begrüßte sie uns, die Kraft allen Lebens, die Wärme war sofort spürbar und ich habe sie noch nie so kraftvoll und nah gespürt wie an diesem Morgen. Und dann sah ich sie- Delphine! Kleine schwarze springende Lebewesen erst in der Ferne und dann etwas näher. Sie jagden sich unter und über Wasser, mir wollte das Herz platzen, so glücklich war ich! Genau in diesem Moment wollte mein Skipper schlafen gehen, es war das erste mal das ich etwas ohne ihn erlebte, aber ich genoß es und saugte diesen wundervollen Morgen mit einer Tasse heißen Kaffee in mich auf. Nach einer halben Stunde ließ es ihm dann wohl doch keine Ruhe und er kam wieder ins Cockpit, gerade rechtzeitig um dem nächsten Naturschauspiel beizuwohnen. Von weitem sah es aus, als ob eine Nebelbank auf uns zukam, weiße Wattewolken quollen wie ein Wasserfall ins Meer. Leider konnten wir nicht einordnen was das war, aber wir hatten auch nicht lange Zeit darüber nachzuforschen, denn Korsika tauchte als türkise Bergformation vor uns auf. Wie eine Märcheninsel bei Käptn Hook kam sie auf uns zu, wir fühlten uns wie angezogen von einem Magneten. Es war einfach unwirklich schön!

DSC_0274-kDie Sonne stieg immer höher und es wurde merklich wärmer, so das wir bald das Sonnendach aufbauten und je näher wir kamen desto gigantischer erschien sie uns, diese Insel aus blauem Fels. Erst als wir nach 26 Stunden Fahrt Calvi sahen glaubten wir wirklich richtig zu sein, aber wir ankerten erst einmal in einer Ankerbucht davor. Wir waren viel zu aufgedreht um gleich schlafen zu können, so badeten wir erst einmal und verarbeiteten unsere Erlebnisse und gingen erst spät Abends schlafen.

Was für eine Nacht!

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