Wenn einer eine Reise tut

Immer wieder werden mir von Unwissenden oder Reiseneulingen, in den Foren und FB-Gruppen, die gleichen Fragen gestellt. Es ist zwar sehr spannend das Menschen immer zuerst die finanziellen Dinge erfragen und das Warum und Wie eher zweitrangig interessiert, aber es nervt auf Dauer auch ziemlich immer wieder die gleichen Fragen zu beantworten, deshalb möchte ich die Meisten hier mal auflisten:

1. Wie finanzierst Du Deine Reisen?

Ich habe meine Eigentumswohnung vermietet, die mir 500,-€ im Monat zum Leben lässt. Aber ich benötige auch kaum noch Geld, denn ich reise hauptsächlich über www.handgegenkoje.de, das funktioniert wie bei Work-and-travel, was eigentlich bedeutet, dass ich für Kost und Logis arbeite, also kein Geld verdiene. WaT ist allerdings altersabhängig, für über 30 jährige gibt es deshalb www.workaway.info. Ich habe schon als Deckshand, Hostess, Köchin, Coskipperin und auch als freiberufliche Skipperin gearbeitet, oder auch im Winter bei Restaurations- und Reparaturarbeiten geholfen. Bei HgK muss man allerdings oft etwas zur Bordkasse beisteuern, wobei mir meine Mieteinnahmen weiterhelfen.

2. Wie kommt man denn mit 500,-€ im Monat klar?

Nun, ich lebe sehr minimalistisch und kaufe nur etwas, wenn etwas kaputt geht. Abgesehen davon, ist das Leben überall auf der Welt günstiger als in Deutschland. Sobald ich auf Segelschiffen unterwegs bin, fällt eh nur die Bordkasse an, dass heißt, das ich ca. 100,-€ pro Woche zur Bordkasse für Lebensmittel, Getränke, Liegegebühren und Diesel beitrage, mal ist es etwas mehr aber meistens weniger. Also bleiben für mich noch 100,-€ im Monat für SIM Karten und mal ne Cola oder auch ein Restaurantbesuch. Wenn ich über Land reise, gebe ich nie mehr als 10,-€ pro Übernachtung bei www.airbnb.de aus, also bleiben noch ca. 50,-€ für Bus oder www.blablacar.de, und ca. 150,-€ für Essen und Getränke. Das sind 5,-€ pro Tag und in Ländern wie in der Türkei oder Italien, wo ein Döner oder Minipizza 1,-€ und ein Bier 1,50€ kosten, komme ich locker damit hin.

3. Hast Du keinerlei Geld gespart?

Natürlich habe ich auch Finanzielle Rücklagen, aber nur für den Fall, das ich mal kurzfristig keinen Mieter für meine Wohnung haben sollte oder unvorhergesehene Dinge in der Wohnung auftreten. Ab und an brauche ich auch mal ein Flugticket für mich oder meinen Sohn, der mich auch öfter mal besuchen kommt. Es ist also nur eine Notreserve.

4. Bist Du bei irgendeinem Amt gemeldet?

Nur beim Bezirksamt, wegen meiner Wohnung möchte ich gern in Deutschland gemeldet bleiben. Ansonsten nein nicht mehr. Anfangs bekam ich vom AA das Arbeitslosengeld I, das ich über einen Antrag (PDU 2) für 3 Monate mit ins Ausland nehmen konnte.

5. Wie funktioniert das Steuerrechtlich?

Es gibt für Seeleute eine besonderes Steuerrecht, aber auch für alle anderen Reisenden dürfte die 183 Tage Regelung gelten, zu lesen hier: rechts-und-steuerberatung-schmidt.de/seeleute Und nicht zu vergessen, der Grund-Steuerfreibetrag, den ich selten überschreite.

6. Bist Du überhaupt Krankenversichert?

Ja klar, denn ich weiß wie schnell einem auf einem Schiff mal etwas passieren kann und ich möchte keine Not-OP selbst bezahlen müssen. Auch mag ich nicht für einen Hubschraubereinsatz oder Heimflug aufkommen müssen. Deshalb bin ich bei www.care-concept.de versichert. Allerdings sind die Arztkosten im Ausland um so vieles geringer, zum Glück brauchte ich bisher aber auch nur hin und wieder eine Zahnärztliche Behandlung.

7. Wie machst Du das mit der Rente?

Enttäuschtes Smiley Welche Rente? Auf meinem letzten Rentenauszug wurde mir mitgeteilt, dass ich nach fast 30 Jahren nonstop arbeiten zusätzlich als Alleinerziehende, zum jetzigen Zeitpunkt ganze 560,19€ bekomme. Sollte ich weitere 22 Jahre arbeiten wie bisher, bekäme ich doch tatsächlich 1055,96€ BRUTTO und natürlich ohne Berücksichtigung der Rentenanpassung, da bleibt nicht viel übrig. Nur zur Info, die Mindestrente beträgt derzeit 850,-€ Meine Wohnung ist also quasi meine Altersvorsorge.

8. Wie planst Du Deine Reisen?

Ich habe immer mehrere Pläne und irgendeiner trifft dann doch zu oder aber mir fällt spontan etwas ganz anderes ein. Der große Plan ist – so viel wie möglich von der Welt zu sehen und Land und Leute kennen zu lernen. Dabei sind Sehenswürdigkeiten und touristisches Sightseeing eher zweitrangig. Abgesehen davon, liebe ich es Pläne zu machen, deshalb kommt mir diese Lebensweise sehr entgegen. Aber wie heißt es auch so schön – Segler schreiben ihre Pläne bei Ebbe in den Sand Zwinkerndes Smiley

9. Wie findest Du immer Schiffe die Dich mitnehmen?

Meine Hauptfundstelle ist natürlich www.handgegenkoje.de, wenn man den Filter generiert, findet man dort öfter mal reine Hand-gegen-Koje Angebote, aber auch auf www.segler-sucht-seglerin.de habe ich einige tolle Kontakte geknüpft. Mittlerweile werde ich aber über Facebook schon weitervermittelt bzw. halten die Mädels in der FB-Gruppe “Segelnde Frauen unter sich” auch immer mal die Augen und Ohren für mich offen. Was meiner Meinung nach ein Mythos ist, ist dass man in einer Marina jemanden findet, der einen mitnimmt, das klappt vielleicht bei 20 jährigen die noch eine gute Gallionsfigur darstellen. Meine Erfahrungen zeigen mir, das jeder Bootsnachbar mit dem ich in einer Marina Kontakt bekam, diverse Ausreden bis hin zu betretenem Schweigen, parat hatte, wenn das Thema zur Sprache kam. Leider habe ich bisher auch nie andere Tramper getroffen, die mir von ihren Erfahrungen berichten konnten.

10. Wieviel Gepäck hast Du?

Zu viel, leider. Zwei Rucksäcke plus eine Reisetasche und ein Seesack sind eigentlich zu viel, aber ich finde immer irgenwo auf dieser Welt einen Parkplatz für mein großes Gepäck, das vorrangig Winter und Schwerwettersachen beinhaltet. Ob das nun bei einem Freund auf Mallorca oder auf der VEGA ist, es findet sich immer ein Plätzchen. Allerdings muss ich demnächst auch wieder mal ausdünnen, denn da mein nächstes Ziel der Atlantik ist, brauche ich die Wintersachen hoffentlich bald nicht mehr, also bekommt mein Sohn wohl demnächst wieder Post.

Falls noch weitere Fragen auftauchen sollten, ergänze ich gerne Smiley

Rezension "Gewittersegeln"

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40 Segler berichten von ihren Erfahrungen bei Sturm, Gewitter und deren Ausläufern.

Schon meine Oma riet mir- „Kind, sobald es gewittert, halt dich vom Wasser und von hohen Gegenständen fern!“ Diese einfache Regel auf einem Segelboot einzuhalten, ist natürlich unmöglich.

„Gewittersegeln“

Mittlerweile bin ich ziemlich froh, mich, aus Mangel an Erfahrung, nicht an diesem Buch beteiligt haben zu können, sondern nur die Ehre zu haben die Rezension schreiben zu dürfen. Denn wer dieses Buch gelesen hat oder selbst schon einmal auf See in ein Gewitter geraten ist, wird mir beipflichten, dass es alles andere als lustig ist. Genau wie dieses Buch im übrigen… wer kurzweiligen Lesespaß sucht, sollte die Finger davon lassen. Dieses Buch ist dramatisch und ergreifend. Ich muss gestehen, dass ich pro Tag nur 1-2 Beiträge lesen konnte, da ich sie erst einmal verarbeiten musste und teilweise sogar den Tränen nah war. Es sollte ein Lehrstück für Segelanfänger sein, nirgendwo hab ich bisher so gebündelt Informationen erhalten zu einem, auf Land doch meist harmlosen, Ereignis, dass auf See über Leben und Tot entscheiden kann. Es ist nicht nur sehr sorgfältig und umfassend recherchiert, es ist auch detailliert ja gar detailverliebt gestalten. Und es macht nachdenklich, denn wie leichtsinnig gehen wir doch oft mit Seemannschaft um und begeben uns gedankenlos in Situationen die lebensbedrohlich werden können. Nach diesem Buch habe ich mir um so mehr vorgenommen, lieber bekennende Frührefferin zu sein und meine Schwimmweste, schon beim ersten Gedanken daran, artig anzulegen.

Sehr spannend festzustellen war im übrigen, dass Männer eher technischer berichten als Frauen, die wiederum ihre Gefühle und die Ereignisse rund herum besser in Worte fassen können. Erstaunt war ich über die Ergebnisse der Versicherungen, die auch zu Wort kamen. Abschließend aber muss ich sagen, das mir das Buch schon allein durch die von jedem Berichterstatter im Anschluß abgegebene Manöverkritik, gezeigt hat, dass man auch aus Fehlern immer nur lernen kann. In diesem Fall haben all diejenigen Glück, die dieses Buch in die Hände bekommen, denn sie können ausnahmsweise einmal aus den Fehlern ANDERER lernen.

Vielen Dank an millemari für dieses wertvolle Werk!

Ehrfurcht

Wikipedia meint dazu: “Ehrfurcht ist ein hochsprachliches Wort für eine mit Verehrung einhergehende Furcht.”

Gestern Abend wurde ich ihrer wieder einmal gewahr.

to-logo-200.gifDie TO-Stammtische sind mir ja seit Monaten schon ein sehr liebgewordenes Ritual. Am Anfang wurde ich kritisch beäugt, aber mittlerweile bin ich in die Runde aufgenommen, Hartnäckigkeit wird meist belohnt. So auch gestern wieder. Die Van Loon war wie immer gut gefüllt, zu alt bekannten Gesichtern mischten sich Neue, wie sich später herausstellte, eher alte Neue. Angekündigt war ein Video-Vortrag eines Pärchens in den Vierzigern- “Familie Mallunat war 5 Jahre zwischen Europa, Afrika und Amerika unterwegs und haben uns sicherlich viel zu berichten”. Ein Vortrag wie schon oft gesehen, ein kurzweiliger Abend also.

Aber weit gefehlt…

Susi & Tom

Zwei bewundernswerte Menschen, die ihren Traum vom Leben in Freiheit wahr gemacht haben. Sie haben sich erst einen Wharram Katamaran mit einem Dschunkenrigg aus und aufgebaut, haben alle Zelte hinter sich abgebrochen und sind nach Monatelangen Vorbereitungen los gesegelt. Wie auch in diesem Bericht der Morgenpost vom April 2014 beschrieben, segelten sie 3 Jahre munter in der Welt herum und entschieden sich dann für ein neues Stahl-Boot um in die Eismeere fahren zu können. 1 Jahr lang haben sie Schweiß und Energie dort hineingesteckt (meine Güte, der Kerl hat sogar seine Masten aus gefällten Bäumen selbst geschnitzt und auch sein Dingi selbst gezimmert). Sie haben alles in reiner Eigenarbeit ausgebaut und verkleidet, selbst die Segel genäht und dann passierte vor 6 Wochen das Unglück. Susi wurde Seekrank und konnte über 5 Tage nicht mal Flüssigkeit beibehalten. Tom war inzwischen völlig entkräftet vor Schlafmangel und der Einhandsegelei, dann brach zu allem Unglück erst das Haupt- und dann auch noch das Hilfsruder auf offener See wegen des starken Schwells. Tom wusste nicht mehr ein noch aus und setzte schweren Herzens den Notruf ab. Sie wurden dann von einem Frachtschiff, in einer atemberaubenden Rettungsaktion, geborgen und mussten aber ihren „Troll“ mutterseelen allein dem Atlantik überlassen. Was für eine Tragödie!

Nachtrag eines TO-Mitgliedes: „Da die Rettungsaktion von einem Crewmitglied des Frachters detailliert gefilmt wurde, trieb es auch den harten Seebären den einen oder anderen kalten Schauer über den Rücken.“

Es lässt nachdenklich werden, wenn man so etwas so hautnah erfährt. Man ist erschüttert, aufgewühlt und möchte einfach nur helfen. Es wurde natürlich gespendet, aber es ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Beiden stehen nun vor dem Nichts, haben alles was sie besaßen dem Atlantik übergeben und wohnen jetzt hier kurzfristig bei Freunden, mit dem was sie auf dem Leib tragen. Nicht einmal das sie von vorne beginnen müssen ist das Schlimmste. Sondern die Angst vor so einer Tragödie, ist bei ihnen nun wohl um ein zehnfaches höher als unsere Ehrfurcht vor solch einem Unglück. Ich hoffe für die Beiden, dass sie sich schnell wieder fangen, den Schock verarbeiten und wieder Boden unter den Füßen bekommen. Aber ich hoffe noch viel mehr, dass sich ihre Angst wieder in Ehrfurcht umwandelt und sie ihren Traum vom Leben in Freiheit nicht aufgeben.

Ich danke Euch Beiden für diesen Abend, sehr!

www.aorai.krummewege.de

Inzwischen sind Susi (Buchhändlerin) und Tom (Chemieingenieur) auf Arbeitsuche! Ihre Lebensläufe sende ich gern als PN zu. Wer also einen Tipp, oder sogar eine freie Stelle anzubieten hat, kann sich gern direkt an die Beiden wenden unter:

troll@krummewege.de

Wer möchte kann sich den Vortrag selbst ansehen und vielleicht helfen:

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Der Segler ansich

DSC_0416-kleinEs gibt ja nun so viele verschiedene Seglertypen wie Menschen überhaupt und es ist spannend immer wieder neue Varianten kennen zu lernen. Ganz sicher kenne ich sie noch nicht alle, aber es kristallisieren sich ein paar Spezies heraus, die äußerst Charakteristisch sind. Mal schauen ob ich sie irgendwie beschrieben bekomme, natürlich immer mit einem Augenzwinkern:

Der Urlaubssegler…

… hat irgendwann mal seine Scheine gemacht, chartert jeden Sommer für 1-4Wochen irgendein Boot, meist im Mittelmeer und läd sich das Boot mit Familie, Freunden und Bekannten voll. Er möchte Spaß, wenig Streß mit irgendwelchen Reparaturen und lässt es sich gut gehen.

Der Wochenendsegler…

… er hat ein kleines oder größeres Boot auf irgend einem See/Meer und nutzt jede erdenkliche Minute seiner Freizeit um vorrangig an seinem Boot zu schrauben, basteln und zu reparieren. Zwischendurch segelt er natürlich auch, aber nur um zu testen ob auch alles gut funktioniert.

Den Gartenzwergsegler…

… er ist meist in Pension und verbringt den Sommer über auf seinem Boot. Meist mit Frau und Hund und Gartenzwerg. Er fährt auch mal raus, aber nur um nachher was erzählen zu können. Ansonsten freut er sich auf die allwöchentlichen Grillpartys in der Marina.

Der Naturfreund…

… mag nicht mehr laufen oder Rad fahren, verbringt dennoch gern viel Zeit in der Natur. Segelnd kann er  Energie sparen und kann somit nachhaltig und Umweltbewußt, darüber nachdenken wie er möglichst unter Einwirkung der Naturkräfte ans Ziel kommt.

Der Regattasegler…

… will Geschwindigkeit, Adrenalin, den Kick. Er fährt nur auf Höchstleistungsbooten, die Dauerlage schieben und bei denen das Blut in den Adern gefriert, wenn man nur die Bilder sieht. Es muss eine Rennyacht sein, möglichst hypermodern, nagelneu und schnell.

Der Lebenslängliche…

… er segelt von Kindesbeinen an. Erst auf einer Jolle, dann mit eigenem kleinen Boot oder als Miteigner auf einer größeren Yacht. Später dann reichts Geld auch für ne Eigene. Er hat schon alle möglichen Reviere befahren, sein Erfahrungsschatz ist beinahe grenzenlos.

Der Einhandsegler…

… ist ein Mann ab 40, der genug von den Frauen bzw. sogar Menschen hat, sich für bestimmte Zeit aus dem gesellschaftlichen Leben ausklinkt und allein auf große Fahrt geht. Er segelt um zu segeln. Er plant für sich, er packt es an für sich, er segelt für sich. Alles um ihn ist ihm egal.

Der junge Aussteiger…

… er ist oft gerade mit dem Studium oder der Ausbildung fertig, möchte aussteigen bevor er in den Beruf einsteigt. Nur verpasst er dann den Einstieg wieder, weil er irgendwo strandet. Er lebt dann irgendwo im Warmen und hangelt sich von Job zu Job und Boot zu Boot.

Der ältere Aussteiger…

… um die 50. Er hat in Deutschland schwer Fuß gefasst, ein paar Beziehungen hinter sich und meint das nun auf einem Boot alles besser zu packen. Er möchte schon eine Frau dabei haben, die ihn bekocht und putzt und unterhält, aber auch finanziell von ihm unabhängig ist.

Der Umherirrende…

… er steckt tief in der midlife crisis, ist geschieden, hat erwachsene Kinder und einen recht lukrativen Job hinter sich gelassen. Nun weiß er nicht wohin, kauft sich ein Schiff, weil er meint dann autark zu sein. Er sucht auch Gesellschaft, weils allein doch einsam ist und irrt dennoch weiter.

Der Langfahrer…

… plant Jahrelang den Ausstieg. Spart und organisiert, kauft ein Boot und baut es um. Verkauft Haus und Hof und steckt alles in das Projekt. Er will in 3-5 Jahren oder auch open end mindestens einmal um die Welt. So viel wie möglich sehen, erleben, am liebsten mit (s)einer Partnerin.

Der Pseudo Langfahrer…

… er erzählt überall herum das er schon Jahrelang den Ausstieg plant. Er ist super informiert, weiß um alle Gefahren und warnt jeden davor wo er nur kann. Er ist in allen Foren angemeldet und kennt jeden Bootstyp. Und er findet garantiert immer einen Grund warum er gerade jetzt nicht los kann.

Wenn ich noch jemanden vergessen habe, immer her damit, ich ergänze gern. Auftretende Ähnlichkeiten sind rein zufällig und um Gottes willen nicht böse gemeint.

Déjà-vu

1460062_10152582902008049_8668623528235512797_nEs war einmal eine nicht mehr ganz junge Frau, die aus einer Verkettung widrigen Umstände heraus, von einer Großstadtbewohnerin im Hamsterrad zu einer blogschreibenden Seglerin wurde.

Aber wie konnte das nur passieren?!

Ganz einfach- mein Auto ging kaputt! Nun, werden einige sagen, das passiert jedem mal. Aber es war eben nicht nur irgendein Auto, es war meine kleine geliebte Drecksau. Ich hatte sie geliebt und gepflegt, sie hat überall auf mich gewartet und hat mich überall hingebracht. Und das war nun aus und vorbei, denn der TÜV reichte für uns die Scheidung ein. Damit fing der Lauf der Dinge an-> ich konnte nicht an die Ostsee fahren um dort zu campen und wusste nun nicht wo ich meinen Urlaub verbringen sollte. Zum Glück hat man Freunde, die einem manchmal auch gute Tipps geben und somit landete ich auf urlaubspartner.net Nur, dass das Endergebnis meiner Suche dort, eine ganz andere Art des fahrbaren Untersatztes hervorbrachte, als ursprünglich geplant war. Ich landete auf einem 8m Segelboot. Mein Gott was war das für ein Ritt, die Enge, das Schaukeln, die hygienischen Umstände. Es war unglaublich, das alles machte mir nichts aus, es war der Hammer! Nach vier Wochen Sonne, Salz und Meer sollte man aber dann doch denken, dass des Guten nun genug ist, aber normal war ich ja noch nie. Ich hatte Blut geleckt, und wie!!!

Ich hatte wohl das erste mal in meinem Leben Zeit über mich und alles was mich umgab nachzudenken, denn mir wurde bewusst wie sehr ich eigentlich an meinem Leben vorbei lebte, wie gefangen ich in meinem Hamsterrad war. Denn ich hatte die Tür gefunden, die mich plötzlich mit Frischluft versorgte und die mir den Weg nach draußen zeigte. Ganz plötzlich und völlig unerwartet.

SIRIS-~1Ich kam also nicht nur gebräunt und erholt, sondern auch voller Tatendrang nach Hause zurück und war wildentschlossen meinen Plan in die Tat umzusetzen. Welchen? Ja nun, halbe Sachen sind nix für mich- ich wollte die Welt umsegeln. Kann man doch mal machen, so als neuen Lebensabschnitt. Natürlich steckt dahinter die tief verwurzelte Sehnsucht nach Freiheit und verdammt viel Fernweh. Nur war mir bisher nicht bewusst, das es tatsächlich einen auch für mich gangbaren Weg dorthin gibt. Also Ärmel hoch und auf ins Internet, da mussten doch noch andere Verrückte unterwegs sein. Menschen mit den gleichen Träumen, die wussten wie das geht und die mir sicher Tipps geben würden. Natürlich fand ich die auch und was für welche… denn ich wurde ausgelacht und gewarnt und sogar beschimpft. Ich prallte glatt zurück vor so vielen negativen Emotionen. Aber nur um Anlauf zu nehmen, denn wer mich kennt, weiß- nicht mit mir, was ich will das setze ich auch durch! Und Mädels, ja vor allem ihr, lasst Euch nix sagen von den tollen Hechten die dort in der weiten Welt herumschippern, geht Euren Weg, das klappt! Aber um der Wahrheit gerecht zu werden, ich habe auch tolle Menschen kennengelernt, ich bekam wundervolle Emails und nicht zuletzt deshalb entstand überhaupt dieser Blog hier. Denn die wenigen die zu mir standen, die waren begeistert von meiner Idee, meinem Enthusiasmus und meiner Unbefangenheit und wollten unbedingt meinen Weg weiter verfolgen. Ich danke Euch sehr!

Ich ließ mich also nicht abbringen von meinem Vorhaben und entwickelte einen 9 Punkte Plan->

  1. segeln gehen/lernen
  2. Kostenplan erstellen
  3. ärztlich durchchecken lassen
  4. Segelscheine machen
  5. Job kündigen
  6. vom materiellen Ballast befreien
  7. meinen Sohn und die Katze unterbringen
  8. Wohnungsmieter finden
  9. Segelpartner finden

Und den arbeitete ich auch zielstrebig ab. Ich ging segeln, auf einem 9m Boot mit einem Ösi in Kroatien, lernte Barcelona und die 48ft großen Amels dieser Welt kennen, die mehr den Hafen als das Meer sehen. Verbrachte zwei Monate in der Türkei auf einer 22m Yawl und machte meine Segelscheine (SBF Binnen +  See). Ich krempelte meinen Sparstrumpf um und nahm einen Kredit auf, so lange ich noch arbeitete. Ließ meine Zähne, Knochen, Schilddrüsen und andere Gedärme durchchecken. Holte mir alle erdenklichen Impfungen und schloß einen Auslandreiseversicherung auf 5 Jahre ab. Auch an potentiellen Segelpartnern mangelte es nicht, ich schrieb mit ihnen, traf mich und segelte mit ihnen. Und es tat mir unendlich gut mich mit Menschen beim TO-Stammtisch, die meinen Traum schon erlebt hatten, zu reden und mir Mut zu holen. Die ersten 8 Punkte hatte ich auch recht schnell abgearbeitet und fühle mich von Punkt zu Punkt besser.

10566223_10152285277797263_1333105683_n.jpgAllerdings entwickelte sich Punkt 9 zu einer fast unüberwindbaren Hürde. Ich hatte sehr wohl bald einen Segelpartner gefunden, der sich eine wunderschöne alte Lady angelacht hatte, auf der auch Platz genug war, aber auch dringend Unterstützung von Nöten. Es war tatsächlich schwierig eine Crew zusammen zu finden, zu zweit war es mit diesem riesigen Schiff aussichtslos und endete schlußendlich in einer Trennung. Selbst der Versuch, weibliche Mitseglerinnen in dieser Männerdomäne, die meinen Traum teilte und mit mir auf große Fahrt gehen wollte, zu finden, scheiterte an der Umsetzung. So musste ich also allein weitersuchen nach „meinem“ Schiff und „meinem“ Käptn. Ich inserierte, traf mich und natürlich waren sie noch da, in heller Aufregung- die Zweifler, Sicherheitsfanatiker und Dauernörgler. Es wurden alle erdenklichen Links ausgegraben, ich war also in Erinnerung geblieben, natürlich auch die Haarstäubenden von einem Jahr zuvor. Die negativen Energien ließen mich wieder einmal zurückprallen… Und ihr könnt es Euch denken- natürlich um Anlauf zu nehmen!

Alle sagten: das geht nicht und dann kam ich, wußte das nicht und hab es gemacht. 😀 Nachdem also Punkt 9 nicht zu knacken war und alle Vorbereitungen abgearbeitet waren, zog ich eben allein los in die weite weite Welt. Ein Jahr lang verbrachte ich so und reiste Hand-gegen-Koje durch das halbe Mittelmeer, auf verschiedensten Schiffen und auch über Land. Sah mir Spanien, Frankreich und Italien an, lebte mit verschiedenen Crews und Eignern zusammen auf deren Booten und reiste per Bus und Bahn und übernachtete mit Airbnb auf fremden Couchen.

IMG-20150910-WA0000Und dann passierte es doch ganz unerwartet und wiederum aus einer Verkettung widriger Umstände heraus…  Nicht ich fand „mein Schiff“ und „meinen“ Käpn, sondern er mich. Wir lernten uns im Internet kennen und er besuchte mich spontan 5 Tage in Rom. Dann verbrachte ich einen Winter in den Niederlanden auf seinem Schiff und von dort reisten wir zu Zweit über Belgien, Frankreich, die Biskaya, nach Spanien und Portugal ins Mittelmer. Die nächsten 2-3 Jahre wollten wir dort verbringen, um dann den großen Sprung über den Atlantik in die Karibik zu wagen und von dort den Rest der Welt  zu erkunden.

Leider wurde auch daraus nichts, nach 1,5 Jahren war auch auf diesem Schiff wieder Endstation. Aber Träume sind eben da um gelebt zu werden! Und wie durch ein Wunder erfüllte sich der langgehegte Traum, auf der wunderschönen Lady VEGA mitzusegeln. Inzwischen hatte sich der Skipper mit diesem Leben arrangiert und die Crew stand fest, und so ging es diesmal als Coskipperin von Spanien weiter auf die Balearen. Danach begann ich als freiberufliche Skipperin für verschiedene Charterfirmen zu arbeiten. Es folgte eine wunderbare Saison, ich segelte auf Sardinien, Mallorca, an der Amalfiküste um Capri und Ischia, in Kroatien und eroberte mir so Stück für Stück die Welt, bis ich in Griechenland landete. Dort wartete schon wieder die Lady VEGA auf mich, ich überführte sie wieder einmal, diesmal von Griechenland nach Sizilien um dort auf ihr zu überwintern und sie rundherum zu restaurieren. Danach ging es wieder zurück nach Greece um dort noch einmal für eine Charterfirma zu skippern. Dann aber packte mich wieder das Fernweh und so segelte ich nonstop von Sardinien über die Ballearen, Gibraltar, die Kanaren und Kapverden über den Atlantik in die Karibik. Dort verbrachte ich knapp 4 Monate auf diversen Inseln, um dann auf den Bahamas zu stranden und mir eine dreimonatige Pause als Volunteer in einem Hostel zu gönnen. Als nächstes sollte es mit einem Katamaran hinauf in die USA gehen, doch leider wurde mir das Visum versagt. Da nun in der Karibik die Hurrikansaison und in Centralamerika die Regenzeit begann, war dort für mich erst einmal Endstation. Das aber hielt mich nicht auf, denn in Europa warteten schon wieder zahlreiche Angebote auf mich, so dass ich ersteinmal wieder zurück nach Girechenland flog. Aber auch dieses mal machte ich nur den Schritt zurück, um wieder einmal Anlauf zu nehmen!

Es war einmal eine nicht mehr ganz junge Frau, die aus einer Verkettung widriger Umstände heraus, von einer Großstadtbewohnerin im Hamsterrad zu einer blogschreibenden Seglerin wurde. Und dieser Blog wächst offensichtlich gerade mit und ändert sein Gesicht. Er wird nun nicht nur mehr von einem überschaubaren Freundeskreis gelesen, sondern von Menschen die meinen Traum teilen, die mir Mut machen und mich unterstützen.

Ich hoffe in Zukunft Euch davon etwas zurück zu geben, meine immer noch ungebrochene Euphorie, mit Euch zu teilen und Euch anzustecken. Denn ich weiß das es geht – die Welt zu umsegeln und dazu muss man nicht alt, weise und erfahren sein, man muss es nicht nur wollen, sondern MACHEN!

Was die kleine Laura Dekker mit 14 Jahren allein geschafft hat, sollte doch auch für uns Große mindestens zu zweit möglich sein! Auch wenn es etwas länger dauert…