Bella Sicilia

Mehr zu Hause ging bald gar nicht. Ich war also in Licata und auf meinem Lieblingsschiff, der VEGA angekommen. Wo ich auch in der Welt unterwegs war, auf welchem Boot auch immer, dort in diesem kleinen beschaulichen Städtchen, dass das ursprüngliche Sizilien wie vor 50 Jahren symbolisierte, wo es noch kaum Tourismus gab, auf einem Schiff, das fast 100 Jahre alt war und das nichts mit modernen Booten gemein hatte, dort fühlte ich mich also am wohlsten. Licata musste ich allerdings vorerst wieder verlassen, aber dafür sollte es mit der VEGA rund Sizilien gehen. Ich freute mich sehr, diese wirklich schöne Insel einmal von See aus zu erkunden. Durch die alten Städte zu schlendern, die Liparischen und Ägädischen Inseln zu erkunden und nach meinem Häuschen ausschau zu halten.

Aber erst einmal musste die VEGA aus dem Winterschlaf erweckt werden. Denn durch Corona lag sie nun bis zu diesem Zeitpunkt in der Marina Cala del Sol und musste geputzt, gewienert und auch betucht werden. Auch wollten wir ja nicht zu zweit diese schöne Reise erleben und so startete ich mal wieder einen Aufruf bei Facebook, dass sich gerne ein paar Segelwillige Mitreisende zu uns gesellen durften. Es dauerte auch nicht lange und so waren wir bald zu viert. Zwei Mädels die sich eigentlich wegen meinem Häuschen Projekt mit mir in Verbindung gesetzt hatten, waren kurzentschlossen bereit uns eine Woche zu begleiten. Wir verstanden uns auf Anhieb und planten gemeinsam zu meinem Hostel und Tango Projekt auch eine Kit-Schule incl. Beachbar mit zu integrieren, denn die beiden sind Kitlehrerinnen.
Nachdem also die Segel aufgezogen waren, der Tank befüllt, Wasser und Lebensmittel gebunkert, ging es also los Richtung Ost. Der erste kurze aber der schwellige Stopp war dann auch gleich in Marina di Ragusa, von dort ging es nach Porto Palo und weiter in das wirklich schöne Städtchen Syracusa. Das alles war mir ja schon aus den Vorjahren bekannt, aber nun ging es weiter zu neuen Ufern und promt fühlten wir uns alle sehr wohl in der kleinen Bucht vor Brucoli. Bei einem großen Topf Suppa di Cozze genossen wir nun noch zusätzlich mit zwei Freunden des Eigners, den Sonnenuntergang mit Blick auf den Ätna. Und schon ging es weiter nach Taormina, in deren Bucht ich zwar schon einmal geankert hatte, aber es noch nicht in die Stadt geschafft hatte. Eine wirklich beeindruckende Stadt erwartete mich, zwar sehr touristisch, aber das war an so einem Ort auch nicht anders zu erwarten. Die Mädels verließen uns nun leider schon wieder, versprachen aber wieder zu kommen und so segelten wir, wieder zu viert weiter, Richtung Messina.

Da die VEGA mit ihren 22m Länge und einem Tiefgang von 2,80m nicht in den kleinen Hafen von Messina hineinkommt, wollten wir wenigstens einen Ehrenrunde drehen und uns die Stadt einmal vom Wasser aus ansehen, bevor wir ein Stück weiter nördlich ankern würden. Das sollte uns aber teuer zu stehen kommen. Nur weil wir diese kleine Hafenrunde zum fotografieren gedreht haben, wurden wir, wieder draußen, von der Guardia Costeria angehalten. Unsere Papiere wurden überprüft und nach einer halben Stunde wurde uns offenbart, dass wir uns hätten per Funk anmelden müssen und nun innerhalb von 5 Tagen 320,-€ zu zahlen haben Nachdenkliches Smiley Im Hafenhandbuch stand nur, das man sich anmelden muss, wenn man anlegen möchte, aber das wollten und konnten wir ja gar nicht. Wir hatten deren Dokument nicht unterschrieben, da sie auf italienisch waren und keiner der Uniformierten Englisch sprach. Auch telefonisch brauchte es geschlagene 10 Versuche, bis endlich jemand gefunden war, der uns auf englisch genau erklären konnte, was wir nun genau falsch gemacht hatten. Um weiteren Konsequenzen aus dem Weg zu gehen, überwiesen wir zähneknirschend deren Forderung und ließen die Sache auf sich beruhen.

Am nächsten morgen sahen wir etwas ganz erstaunliches, um uns herum wimmelte es von skurril aussehenden Booten. Google erklärte uns dann, dass es Schwertfischer sind, die um diese Jahreszeit auf Schwertfischjagd fuhren. Wir beobachteten deren Treiben eine Weile und schlängelten uns dann, an ihnen vorbei, durch die Straße von Messina. Rund ums Eck bekamen war dann leider der Wind wieder weg und wir motorten mal wieder, diesmal Richtung Milazzo. Bei Sonnenuntergang bestiegen wir deren Festungsberg und hatten einen fantastischen Ausblick über die kleine Bucht. Am nächsten Morgen verließ uns dann wieder ein Crewmitglied und wir schipperten endlich Richtung Liparische Inseln. So oft wollte ich mir die schon ansehen, aber immer wieder hatte es nicht geklappt. Auf halber Strecke biß plötzlich ein Schwertfisch an unserer Schleppangel an. Doch leider, oder zum Glück, war es ein so großer Brocken, dass wir ihn vom Hacken verloren, denn er war sehr schön anzuschauen.

Die erste Insel Vulkano überraschte uns schon mit einem wirklich traumhaften Anblick, vieles erinnerte sogar an die Karibik, so grün war es teilweise. Wären die Strände nicht schwarz sondern weiß, hätten wir glatt angenommen uns verfahren zu haben. Sehr gewöhnungsbedürftig waren allerdings die heißen, nach Schwefel stinkenden, Quellen, die mitten im Wasser aus den Tiefen hervorblubberten. Für ich war es einfach zu heiß um auf den Vulkan zu steigen, aber der VEGA Skipper ließ es sich nicht nehmen und kraxelte dort hinauf. Bei unserem nächsten Ziel, dem Stromboli, ging das dann aber nicht, denn erst ein paar Tage zuvor gab es eine größere Eruption und so wäre das zu gefährlich gewesen. Dafür konnten wir von unten diesem Naturschauspiel zuschauen, wie er qualmte und donnerte und auch Abends im Dunkeln, war es beeindruckend ihn dabei zu beobachten. Die Städte, auch auf den nächsten Inseln, Panarea Lipari, erinnerten sehr stark an Griechenland. Alle Häuser waren weiß angemalt und hatten runde Ecken, sehr hübsch anzuschauen war das. Wir mussten aber erst einmal zurück nach Capo d´Orlando, denn dort kamen wieder neue Crewmitglieder und unsere  beiden Mädels wieder an. Doch das hielt uns nicht davon ab, noch einmal einen Abstecher auf die Liparischen Inseln zu machen. Wir hielten also auf Lipari, Salina und Alicudi und hatten somit fast alle Inseln erkundet. Sehr zu empfehlen, wirklich!

Als nächstes überraschte mich dann Cefalu, denn dieses kleine Städtchen ist wirklich ein Augenschmaus, genau deshalb war ich zurück nach Europa gekommen. Kleine Gässchen zwischen alten Häusern, an jeder Ecke Cafés und Restaurants, ich hatte das so sehr vermisst. San Vito lo Capo war uns dann zu touristisch überlaufen, dafür waren dann Trapani und Mazara del Vallo wieder ganz nach meinem Geschmack. Und endlich hatten wir auch wieder Segelwind, denn so schön Sizilien auch landschaftlich ist, ein wirkliches Segelrevier ist es nicht, es gibt im Sommer einfach viel zu wenig Wind. Aber das hatte sich ja nun an der Westküste geändert und so flogen wir quasi über Marsalla, Sciaccia und Agrigento ins Heimatörtchen Licata um, nach nun beinahe 4 Wochen, endlich wieder Wasser, Diesel und Lebensmittel zu bunkern. Aber wir mussten weiter, denn der VEGA Skipper musste Anfang August nach Deutschland zur Hochzeit seines Bruders und so passte ich 10 Tagen in Syracusa auf die Schöne auf und genoß die Ruhe!

Nun geht es noch einmal weiter, wieder Richtung Süden und dann hinauf zu den Ägädischen Inseln, die wir uns beim letzten mal ja nicht ansehen konnten. Auch werde ich mir noch einmal genau die Westküste ansehen, denn rein landschaftlich ist sie für mich die Schönste und ich freue mich dort noch ein paar schöne Ecken zu finden und ja vielleicht ein Häuschen für mich zu entdecken, das ich mir dann im September über Land genauer anschauen kann. Aber erst einmal muss die Odyssee der Ummeldung meines Autos über die Bühne sein. Denn erst wollten die Zulassungsstelle mir einen Termin für den 16. Oktober geben Erstauntes Smiley den ich dankend ablehnte. Nach vielem hin und her gab es dann doch einen kurzfristigen, nur kann genau in dieser Woche meine Schwiegertochter, die es ja ummelden wollte, zeitlich nicht. Also wird es ein Kumpel des VEGA Skippers für mich versuchen. Ich hoffe wir haben alle Unterlagen zusammen und zur Zufriedenheit der Beamten auch ausgefüllt. Dann müsste nur noch die Post mitspielen und mir die neuen Kennzeichen nach Sizilien bringen. Es bleibt also spannend… wie immer!

Teneriffa–Sizilien

Wenn man viel und lange in fremden Ländern unterwegs ist, vermisst man natürlich das ein oder andere. Und so schwärmten wir auf der Atlantiküberquerung alle davon, endlich wieder einmal Pizza zu essen.  Spanien ist nun nicht sehr bekannt für seine hervorragende Pizza, aber wenn man Monate lang keine mehr gegessen hatte, ist das egal, Hauptsache PIZZA Verspotten Kaum auf Teneriffa angekommen, ließen wir uns also jeder eine Familienpizza liefern. Meine Carbonara schmeckte widererwarten sehr gut und auf Grund der Größe hatte ich am nächsten Morgen  und auch Nachmittag noch etwas davon. Nachts konnte ich kaum einschlafen, führte das aber auf den vollen Pizzabauch und meine bisherigen Nachtschichten zurück. Morgens kribbelte mir aber immer noch der ganze Körper und meine Lymphknoten am Hals waren angeschwollen, hatte ich mir ne Erkältung zugezogen?! Am Nachmittag schwoll mir dann die komplette Zunge an und ich bekam kaum noch Luft. Zum Glück war die Freundin des Eigners mit dem Auto da und so fuhren wir in die nächste Apotheke, die uns auf Grund der Symptome sofort ins nächste Hospital weiterschickte. Dort angekommen, wurde erst einmal über meinen Verbleib in den letzten 2 Wochen diskutiert und meine Krankenkarte verlangt. Da ich nicht sprechen konnte, war ich froh, das des Eigners Freundin auf der Insel lebte und spanisch sprach. Ich wurde dann an einen Tropf mit Antiallergikum gehängt und binnen kurzer Zeit schwoll meine Zunge ab und mir ging es mitütlich besser. Ich habe wohl auf die Pizza allergisch reagiert, was aß ich auch in Spanien Pizza. Sehr überrascht war ich, dass ich nicht einmal etwas zu bezahlen brauchte, da in Spanien die Erstversorgung gratis ist!

Nachdem ich also diesen Schreck und die nächsten 2,5 Wochen mit Handwerkern überstanden hatte, ging es am 7. Juni also wieder los Richtung Gibraltar. Wir waren wieder einmal eine bunt zusammengewürfelte Truppe – der Eigner und ich, ein Freund des Eigners, der tatsächlich einfliegen durfte, ein deutsches Rentnerpärchen, dass keinen Rückflug nach Deutschland bekam und schon 7 Flug Gutscheine wegen gecancelter Flüge hatte und ein argentinischer Skipper, der in Kroatien sein Glück mit Jobs versuchen wollte. Vorbei an den schroffen Küsten der Kanarischen Inseln, in Begleitung von Delfinen und einer erschöpften Taube, segelten wir also gemeinsam Richtung Nord. Leider hatten wir fast die gesamte Strecke den Wind gegenan und motorsegelten und kreuzten abwechselnd. Auch wollte uns von nun an kein einziger Fisch mehr an die Angel gehen, so oft wir auch den Köder wechselten. Nach 874sm und 164h hatten wir es dann geschafft, wir waren am Affenfelsen angekommen. Dort tankten wir dann nochmal den günstigsten Diesel ever (0,47€ der Liter) und auch unser Rentnerpärchen verließ uns dort. Denn vom Festland gingen nun auch wieder Flieger Richtung Deutschland. Zu viert traten wir also nun den Rest der Reise Richtung Ost an.

In Almerimar legten wir einen kurzen Stopp zum Wäsche Waschen und Lebensmittel auffüllen ein und dann gings ab nonstop nach bella Sicilia. Die ersten Tage hatten wir auch super achterlichen Wind, der uns dann aber immer weiter östlich verließ, bis er dann ganz abflaute. Wir motorten also an der Lybischen und Tunesischen Küste vorbei, aber wenigsten ging dieses mal nichts am Boot kaputt. Recht unspektakulär war diese Strecke, denn wir waren ja nun ein gut eingespieltes Team. So hatten wir nach 5 Tagen endlich Sizilien in Sicht und konnten wenigstens die letzten beiden Tage segeln. Denn an der Westküste Sizilien ist schön stetiger Wind der uns mit ordentlicher achterlicher Welle und teilweise bis zu 10kt Fahrt ans Ziel brachte. Was war das für ein schöner Anblick und welch ein tolles Gefühl endlich zu Hause zu sein. Endlich wieder durch diese hübschen italienischen Städtchen schlendern, Gelati und Pasta essen, Vino und Grappa trinken und natürlich Freunde treffen. Bella Sicilia, wie hatte ich mich nach dir gesehnt Herz In Licata wartete dann auch die VEGA auf mich, auf die ich noch am selben Abend wechselte. Zu Hause zu Hause!

Bei diesem letzten Törn, merkte ich noch einmal umso mehr, wie sehr ich genug von tagelangem Durchsegeln hatte. Immer nur Wasser um mich herum, mit immer den gleichen Leuten. Aber ich wollte es ja genauso, noch einmal die volle Dröhnung. Um so mehr freue ich mich auf ein Leben an Land, das Meer zwar vor Augen, aber nicht mehr unmittelbar davon umgeben. Auch freute ich mich darauf, alte und auch neue Freunde zu treffen, soziale Kontakte eben. Und ich freue mich auf den Nestbau, der mir in den letzten Jahren doch so sehr verwehrt blieb. Ein zu Hause schaffen, für mich und vielleicht sogar für meinen Sohn. Denn auch er ist angetan, von einem Häuschen am Meer, das ich mit Fremden und Freunden teilen möchte. Ein Hostel mit angeschlossenem Permakulturgarten, das zu Tangotanzabenden einlädt, bei mediterranem Klima und traumhafter Kulisse. Natürlich würde ich nun 1-2 Jahre nicht reisen können, aber die Pause würde mir guttun, um wieder neugierig auf die Welt zu werden. Denn momentan ist mein Speicher voll, ich muss erst mal sortieren, archivieren und mich neu organisieren. Aber jetzt musste ich erst mein Häuschen finden.

Deshalb würde es, nach einer Woche Pause, mit der VEGA Rund um Sizilien gehen, Buchtenbummeln mit Stopps in den schönsten Städten Siziliens. Endlich einmal die ganze Schönheit der Insel betrachten, neues entdecken und altes wiedererleben, bis Ende August sollte dafür Zeit sein. Danach würde ich dann die Westküste mit dem Auto erkunden und mich, auch über Land, nach meinem Häuschen umsehen. Achja, ich habe ein Auto Erstauntes Smiley ich muss wirklich vorsichtiger mit meinen Wünschen sein. Denn einmal ausgesprochen, dass ich mir in Deutschland wohl eines kaufen müsste, um meinen Kram nach Sizilien zu transportieren, fand der VEGA Skipper einen Aushang im WC-Häuschen, das ein Ford Mondeo zum Verkauf stand. Ein Pärchen mit Kind das auf Weltumsegelung gehen würde, wollte es für ganze 250,-€ verkaufen. Erst dachte ich an einen Scherz und nun ist es meins. Es hat allen Schnickschnack, von Anhängerkupplung, über Klimaanlage, bis hin zu einer, im Autoradio feststeckenden, DDR-Kinderlieder CD, was werde ich meinen Spaß haben. Der größte Kraftakt würde aber wohl noch die Ummeldung werden, mal schauen ob die deutsche Bürokratie das zulässt.