Winterruhe

15977342_1369652116389449_6104233906900729319_nIch wurde von einigen gefragt, wieso wir den Winter im Winterlager verbringen und nicht einfach weiter fahren?! Wie ich ja schon im letzten Beitrag geschrieben habe, muss zum einen einiges am Boot repariert werden, schließlich ist es 40 Jahre alt und braucht genauso Pflege wie ein Auto. Zumal wir uns eine Marina ausgesucht haben, wo viele deutsche Handwerker sind, man muss also nicht mit Händen und Füßen erklären was gemacht werden muss. Dann ist dort die Alex mit ihrer Wäscherei, die auch Pakete entgegen nimmt, wir können uns also Dinge aus der Heimat schicken lassen, die es in Spanien nicht gibt. Der hauptsächliche Grund ist aber, das wir fünf Monate fast non-stopp durch gefahren sind und nun auch mal die Ruhe genießen, mal etwas länger an einem Ort zu sein. Außerdem erlaubt die Nähe zu Malaga, dank Ryanair, den recht unkomplizierten und sehr preiswerten Flug nach Deutschland. Denn eines fehlt uns, seit dem wir unterwegs sind, sehr: soziale Kontakte. Sicher man lernt unterwegs viele Menschen kennen, aber diese Treffen sind sehr oberflächlich da man sich oft eh nicht wieder sieht. So können Freundschaften kaum entstehen, zumal ja da auch noch mehr dazu gehört.

15697862_1345985885422739_7507020147440099350_nIch habe, bevor ich vor nun schon über zwei Jahren los bin, viele Langfahrer gefragt was ihnen am meisten fehlt und habe nur Antworten wie “Salami” oder “Sauerkraut” bekommen. Mir fehlen mittlerweile tatsächlich meine Freunde… was für ein Luxus, sich einfach mal mit einer Freundin auf einen Plausch zu treffen. Deshalb haben wir beide auch die Feiertage genutzt um mal wieder unsere Familie gemeinsam und unsere Freunde in der Heimat unabhängig voneinander zu besuchen und uns Zeit für sie zu nehmen. Ich war endlich mal wieder im Konzert im Schauspielhaus, hab mir den Auftritt meiner Schwiegertochter bei den Bluesbrothers angesehen, war ausgiebig saunieren und wellnessen, Tango tanzen, Shisha rauchen und asiatisch, indisch und Sushi essen. Alles Dinge die man unterwegs kaum bis selten findet und deshalb als Ausgleich dann in Deutschland mit den Freunden macht. Denn so erstaunlich es ist, das wir beiden eingefleischten Singles tatsächlich nun schon über acht Monate 24/7 miteinander verbringen, brauchen wir genau deshalb den Austausch mit anderen Menschen. Darum werden wir 2017 auch verstärkt versuchen nicht nur Freunde, sondern auch Fremden die Möglichkeit geben, ihren Urlaub bei uns zu verbringen. Sicher wird auch das eine Herausforderung, aber es wird auch eine Bereicherung, da bin ich mir sicher.

WarschauerDie Zeit in Berlin habe ich jedenfalls sehr genossen! Berlin ist einfach eine großartige Stadt und je mehr ich in der Welt unterwegs bin und Menschen kennenlerne die das auch tun, je mehr merke ich dass die tatsächliche Weltoffenheit in Berlin zu finden ist. So sehr auch der Berliner Humor, die Direktheit und die große Klappe oft missverstanden wird, ist es einzigartig und für mich einfach ein Genuss. Ich hatte selbst mit Fremden in der Bahn tolle Begegnungen, die man wohl nur in Berlin findet… ich fuhr Silvester zu einer Freundin und die Bahn blieb plötzlich zwischen zwei Bahnhöfen stehen. Eine Durchsage, dass der Bahnhof Friedrichstraße wegen eines Polizeieinsatzes gesperrt ist und ein wenig später bekannt wurde, dass wegen eines ungefährlichen Gepäckstückes der direkte Zugang zu Brandenburger Tor nicht möglich ist, erboste den männlichen Part eines mir gegenübersitzenden Pärchens sehr. Seine Begleitung versuchte ihn zu beruhigen, dass es doch noch früh wäre und sie alle Zeit der Welt hätten, entspannte ihn auch nicht. Erst als ich anmerkte, dass er ja wenigstens Alkohol hätte und auf die in seiner Hand befindliche Bierflasche wies, ließ ihn plötzlich schmunzeln. Daraufhin durchsuchte er seinen Rucksack, nahm eine Bierflasche heraus und reichte sie mir mit der Bemerkung und einem Zwinkerndes Smiley “na Du ja jetzt auch”. Berlin – Berlin! Anderer Bahnhof, andere Nacht… ich wollte heim und wartete auf meine Bahn, auf der Anzeige stand 19 min. und das bei -5°C. Ich drehte also ein paar Runden um die Bänke und mir fiel ein, in sich zusammengesunkener, Mann auf, der sich offensichtlich übergeben hatte. Plötzlich wurde ich, durch zwei auf mich zu torkelnde sehr skurril gekleideten Männer abgelenkt, von denen einer Sträflingskleidung trug. Dieser entschuldigte sich auch gleich lautstark bei mir, dass ihr Outfit darauf zurückzuführen sei, dass seine kleine Nichte anlässlich ihres 18ten Geburtstages zu einer Mottoparty eingeladen hätte, er aber ganz harmlos sei und sein Bruder, als Polizist verkleidet, ihn nur zum Bahnhof begleiten sollte. Ich nahm die Entschuldigung schmunzelnd an und machte die beiden aber auf den einzelnen Herrn aufmerksam, da ich befürchtete das der trotz oder gerade wegen seines offensichtlichen Alkoholpegels dort erfrieren könne, schließlich wisse man ja nicht wie lange der da schon sitzt. Der Sträfling zögerte auch nicht lange und sprach ihn an, wohin er denn wolle und es stellte sich heraus, das beide in die gleiche Richtung mussten. So hakten sie sich ein und torkelten gemeinsam in die nächste Bahn, nicht ohne das mich der Sträfling noch umarmte und eine gute Heimreise wünschte. Der Polizist wich mir aber auch danach nicht von der Seite, als ich ihn fragte wo er den hinmüsste, meinte er- er könne mich doch hier nicht alleine stehen lassen und würde deshalb warten bis meine Bahn käme, womit nun wiederum er sich eine Umarmung verdient hatte. Berlin – Berlin! Eine letzte Begegnung dieser Art hatte ich dann noch in einem Bus, der als Schienenersatz fungierte, da die S-Bahn zwischen Friedrichstraße und Alexander Platz nicht fuhr. Nachts sind in Berlin die Bahnen meist voller als tagsüber und so stand ich eng an eng neben zwei Kumpels, von denen der eine den anderen bei mir entschuldigte, dass der nicht aus Berlin wäre und er doch tatsächlich gerade drauf und dran gewesen wäre ein Taxi zu nehmen, wo das doch schließlich in Berlin nun wirklich nicht nötig wäre. Auch ich bestätigte, dass er doch eine Berliner Sightseeingtour nicht preiswerter bekommen könne, wo wir doch gerade Unter den Linden Richtung Staatsoper, Museumsinsel und am Berlin Dom fuhren. Als wir am Alex ankamen, ergänzte der Berliner meine Ausführungen mit- “ach guck und da unten war ich früher öfter zum Party machen, da hieß das noch “Zungenkuss”.” Ich bestätigte- “stimmt, da drüben wo das Fischrestaurant ist”. Plötzlich schaute der mich verschmitzt an und meinte- “kennen wir uns vielleicht?” Berlin – Berlin!

15941342_1369652063056121_5793822709768303797_nVielleicht muss man einfach nur mal länger weg sein um genießen zu können, was man hatte und worüber man sich so oft geärgert hat. Aber noch bin ich lange nicht so weit den Verlockungen dieser wunderbaren Stadt, meinen Freunden und natürlich meiner Familie nachzugeben, ich muss noch ganz viel von der Welt sehen und scharre schon mit den Hufen, dass es endlich bald weitergeht Smiley Wohin? Die grobe Richtung ist ab 1. April Richtung Balearen, dann die spanische Küste entlang zur Code d`Azur ev. sogar bis Italien, rüber nach Korsika, Sardinien, Sizilien, so dass wir im Herbst in Griechenland sind. Dort gibt es dann ja über 3000 Inseln, die sicher genug Möglichkeiten zum Buchtenbummeln und Kulturbesichtigungen geben werden, worauf ich sehr gespannt bin, da ich dort noch nie war.

Winterlager

fb_img_1475670454502Nun sind also auch wir angekommen im Winterlager. Von Gibraltar aus, haben wir noch einen kurzen Stopp in Malaga eingelegt, um dort noch 2 Tage mit den Kindern, die aus Marokko wiederkamen, zu verbringen. Die Berichte waren bunt und voll des Lobes, so dass wir uns jetzt schon darauf freuen uns davon selbst zu überzeugen, auch wenn das noch ein paar Jahre warten muss. Malaga ansich ist auch eine schöne Stadt, sehr gepflegt und sauber, mit einer netten Altstadt und einer irren Burganlage “Alcazaba” aus dem achten Jahrhundert. fb_img_1475670504511Wie ein Labyrinth schlängelt sie sich den Berg hinauf und erinnert immernoch an einen maurischen Palast, in dem man quasi noch die Töpfe klappern hört. Leider wollten wir nicht länger bleiben, denn auch wir hatten nun die Mittelmeerpreise erreicht und bei 50,-€ pro Nacht, vergehen einem die Sightseeingtouren. Im Winter werden wir aber sicher noch öfter dort sein, die Burg alleine lohnt schon einen nochmaligen Besuch! Ansonsten ankerten wir noch ein paar mal und genossen einfach die Landschaft und die verbleibenden Badebuchten, nur in Motril mussten wir ein paar Tage einen Starkwind abwettern um dann schnurstracks nach Almerimar durchzufahren.

fb_img_1475670639860Almerimar ist eine künstlich angelegte “Luxusurbanisation”, wahrscheinlich mit EU Geldern gefördert, denn die Häuser stehen Großteils leer und auch die Marina ist nicht ausgelastet. Schade eigentlich, denn es ist ein wirklich nettes Örtchen, mit super moderaten Preisen. Wir haben hier alles was man braucht- von Restaurants, Geschäften über einen Supermarkt, sogar eine Fitnessstrecke am Meer entlang, ein Schwimmbad in einem Hotel und ein Golfplatz ist nebenan. Am sympathischsten ist aber die hiesige TO-Stützpunktleiterin, die uns gleich am Tag unserer fb_img_1475670619167Ankunft willkommen geheißen hat. Unabhängig von ihrer Herzlichkeit, gibt es nichts was sie nicht besorgen oder organisieren kann und somit werden unsere geplanten Arbeiten schnell Fortschritte nehmen und da gibt es einiges zu tun! Als erstes wollen wir die Batterien aufstocken, wo bisher 200Ah als Verbraucher vorhanden waren, wollen wir zusätzlich zur Starter-, Ankerwinsch/Bugstrahlruderbatterie noch 4 x 100Ah als Verbraucher nachrüsten. Sollte das nicht reichen bzw. die Ladekapazität der Solarpanelle nicht ausreichen, werden die auch noch aufgestockt. Des weiteren wollen wir den viel zu kleinen Einstieg am Heck vergrößern und gleich eine Badeplattform incl. Leiter anbringen. fb_img_1475670582878Dann müssen die Dichtungen des WCs erneuert und ev. die Auslässe versetzt bzw. die Seeventile erneuert werden. Die Hydraulik der Steueranlage muss überprüft werden und wir denken über einen Pinnenpilot für unser Notruder nach. Lazyjacks fürs Groß wären noch toll, das Dingi muss endlich dauerhaft geflickt werden, ein neuer Außenborder muss her und das Deck soll komplett abgeschliffen und versiegelt werden. Uns wird also ganz sicher nicht langweilig über Winter Smiley mit herausgestreckter Zunge

fb_img_1475670601182Wir wurden oft gefragt warum wir nicht gleich in die Karibik weitersegeln und wir haben viele Gründe das noch nicht zu tun. Nach knapp 2500sm haben wir genug Erfahrung gesammelt um einschätzen zu können, dass noch eine Menge am Schiff optimiert werden muss. Wir wollen einfach sicher gehen, dass wir auch dort drüben ankommen. Abgesehen davon ist das Mittelmeer einfach viel zu schön um es auszulassen, denn wer weiß ob wir je wiederkommen wenn wir einmal den Duft der großen weiten Welt geschnuppert haben. Außerdem sind unsere Kinder noch in einem Alter, wo sie schnell nochmal Rat und Tat benötigen oder einfach nur Sehnsucht nach uns haben, sfb_img_1475670558047o dass ein Flug mal eben schnell und kostengünstig zu bewerkstelligen ist. Auch bekommt man hier noch relativ unkompliziert alle Ersatzteile oder kann sie sich aus Deutschland schicken lassen, da drüben ist das dann nicht mehr so einfach. Wir müssen ja nicht hetzen, schließlich haben wir Zeit und wenn wir in 1-2 Jahren über den großen Teich aufbrechen, auch genug Erfahrung um uns dieser Herausforderung zu stellen.

fb_img_1475670626469Jetzt noch ein paar Zahlen für die Neugierigen… wir sind, wie oben schon vermerkt, genau 2460sm in 5 Monaten, also 152 Tagen, durch 6 Länder gesegelt. Wir haben 2936,68€, also im Schnitt 587,34€ im Monat/19,32€ pro Tag, allein für Liegegebühren ausgegeben. Für den Winter zahlen wir nur 1267,-€ fürs halbe Jahr, das ist moderat und für die anstehenden Optimierungsarbeiten unabdingbar. Im nächsten Jahr muss/wird sich das aber gravierend ändern, wir werden versuchen viel mehr zu ankern und autark zu leben. Mit den geplanten Lebens- und Genussmitteln hingegen sind wir gut ausgekommen, mit 3036,74€ also ungefähr 600,-€ im Monat für zwei, zeitweilig auch drei oder zuletzt sogar vier Personen incl. Essen gegen, ist das völlig okay. Für Diesel haben wir, dank der widrigen Wetterbedingungen im Atlantik, insgesamt 1161,93€ ausgegeben, das ist mit 232,39€ im Monat schon recht viel, aber im nächsten Jahr müssen wir dann ja nicht mehr irgendwo ankommen, haben kaum Herbststürme und schwierige Strecken zu bewältigen, so dass wir versuchen werden vorrangig zu segeln. dsc_0786Der Posten Internet/Telefon, Wäsche und Seekarten, mit 572,18€ also 114,44€ im Monat, wird hingegen bleiben bzw. hier in Almerimar wohl sogar teurer werden, da wir die Wäsche ins Waschzentrum geben müssen und kein bzw. nur sehr teuren WLAN hier haben, also über SIM-Karte ins Internet gehen müssen. Bei Seekarten schwört der Seebär auf Papier, deshalb wird auch das sich nicht ändern, aber wir versuchen sie gebraucht wieder zu verkaufen, wer also Interesse hat: ebay. Ersatzteile, Zubehör und Versicherungen lassen sich wohl auch in Zukunft schwer minimieren, so das wir mit den bisherigen 2371,70€ wohl auch in Zukunft werden leben müssen. Wir werden also ab diesen Monat hoffentlich nicht mehr um die 1900,-€ ausgeben müssen, da sich sowohl die Liegegebühren als auch der Diesel verringern werden. Ziel ist es auf insgesamt 1000,-€ im Monat zu kommen, mal schauen ob wir das bis Ende nächsten Jahres hinbekommen Zwinkerndes Smiley ich bin dank meine Mittelmeererfahrungen aus dem letzten Jahr ganz zuversichtlich!

20161005_124128-11Zum Schluss noch ein paar Worte über all die lieben Leute die wir unterwegs kennenlernen durften- es ist schon ein ganz besonderer Schlag Mensch. Die Einen die nur ein paar Monate auf ihrem Schiff verbringen, andere wiederum leben ganzjährig darauf und bereisen die Welt, oder auch immer wieder mal. Oft kommen die Frauen nur zeitweilig hinzu, weil das Haus/Kinder/Tiere noch versorgt werden müssen, meist aber ist es der Traum der Männer, den die Frauen mit unterstützen. In jedem Fall sind sie rastlos, von Fernweh gebeutelt und spontan. Allein die deutsche Flagge reicht aus, um sich auf ein Bier einzuladen und die bisherigen Erlebnisse, Tipps und Tricks auszutauschen. Sehr spannende Gespräche haben wir geführt und wir freuen uns sehr auf noch viele weitere!