Nachdem wir also unser kleines Boot so gut wie möglich klar Schiff gemacht hatten und uns auch die Umgebung zur Genüge angesehen hatten, ging es endlich los. Erst bei der Hafenausfahrt sah ich wie riesig dieser Hafen doch war, dort lagen unzählige Boote, eins größer als das andere, so das wir uns noch kleiner vorkamen. Auch die Festungen, die früher sicher zum Schutz der Stadt gebaut wurden, und nicht zu vergessen diese irrsinnig großen Fährschiffe ließen uns nicht vergessen wie verwundbar wir doch mit unserer Nussschale waren.
Aber wir hatten guten Wind, der noch die nachwehen des Sturms war, der in der Nacht meiner Ankunft tobte, von dem ich zwar gar nichts, mein Skipper aber um so mehr mitbekommen hatte. Wir schipperten also aus dem Hafen, die Küste entlang. Für mich war es ein tolles Gefühl, so ganz anders als erwartet, ich genoß die Bewegung des Bootes und die Sonne auf der Haut. Wir steuerten dann die nächst gelegene Bucht nach Marseille an und ankerten dort, ich war gespannt wie mir die erste Nacht ohne sicheren Hafen bekam. Aber erst einmal genoß ich es im Meer zu schwimmen und versuchte das erste mal ein Abendessen in der Miniküche zu zaubern. Eigentlich war es aber nichts anderes als beim Campen, man hatte Plastikgeschirr und einen kleinen Herd und wenig Platz. Da ich das ja schon gewohnt war, klappte das also schon ganz gut und wir ließen den Tag mit einem Becher Rotwein ausklingen. Wir konnten wunderbare Gespräche führen, so dass wir uns zwingen mussten schlafen zu gehen und nicht die Nacht durchzumachen.
Am Morgen begrüßte uns schon die Sonne, ich hatte wunderbar in meiner kleinen Lotsenkoje geschlafen und genoss mein Frühstück. Nach einem morgendlichen Bad, holten wir den Anker ein und schipperten gemütlich weiter. Die Tage folgten den Nächten und umgekehrt, die Landschaft veränderte sich und ich konnte mich nicht sattsehen. Ich hatte mir unmengen Lesestoff auf mein Kindle geladen, aber ich hatte keine Minute das Bedürfnis zu lesen, viel zu spannend waren die Eindrücke und viel zu sehr genoss ich diese Art zu reisen! Es war beinahe wie fernsehen nur das sich nicht die Bilder bewegten, sondern wir uns. In mir machte sich eine unheimliche innere Ruhe breit, sonst hatte ich immer das Gefühl etwas zu verpassen, aber nun fand ich das die Anderen etwas verpassten. Ich lernte die ersten Handgriffe die man zum segeln benötigte und nach ein paar Tagen waren wir schon ein gut eingespieltes Team. Mittlerweile merkte ich auch die Größe des Bootes kaum noch, ich fühlte mich viel mehr geborgen, wie in einem kleinen Nest.
Die Tage flossen also so dahin, ich genoß die Wärme, das himmelblaue Meer und die Ruhe. Wie anders war doch mein Alltag, voller Streß und Planungen und Organisation und nun genau das Gegenteil. Ich musste mich fügen, waren wir doch ganz vom Wind und Wetter abhängig. Zum Glück lies uns Beides nicht im Stich. Am 6. Tag wollten wir dann in den Hafen von Saint Tropez, die Vorräte für unsere Überfahrt nach Korsika auffüllen und ein wenig wieder unter Leute gehen. Nicht das ich das Bedürfnis gehabt hätte, denn ich fand wir waren uns Beide genug.
Überall schwirrten Hubschauber mit Paparazzis in der Luft, die vor den Booten herflogen um vielleicht auch nur ein Skandalbild zu schießen. Viele der Yachten konnten gar nicht in den Hafen fahren, da sie viel zu groß waren und zu viel Tiefgang hatten, so das die Bucht voller Riesenschiffe war, die von kleinen bis großen Dinghys umschwärmt wurden, um Menschen von und zu den Schiffen zu bringen. Keiner dieser Leute deren Dinghy beinahe die Größe unseres Bootes hatten, hatten auch nur die geringste Ahnung davon, wie sehr sie unser Boot zum schwanken brachten, sie jagden um uns herum und ließen uns rollen wie bei einem Sturm. Und genau zu diesem Zeitpunkt wurde mir bewußt, warum ich die Ruhe und Abgeschiedenheit auf dem Meer so sehr genoß. Ich konnte mich sehr wohl den Unregelmäßigkeiten des Wetters fügen, aber diese Rücksichtlosigkeit der Menschen war mir absolut zu wider! Und genau das war auch das was mich persönlich dann im Hafen angekommen störte. Irgendwie empfand ich die vielen Menschen als Eindringlinge in unsere kleine Welt.
Auch dieser Überschwang an Reichtum, der Megayachten war mir im Vergleich zu unserem doch recht spartanischen Leben auf dem Meer zu viel. Es fühlte sich beinahe obszön an, diese Menschen in ihren High Society Klamotten, viel zu stark geschminkt und viel zu viel parfumiert. Was hatten sie aus diesem doch einst beschaulichen und wirklich hübschen kleinen Ort gemacht, ein Treffpunkt der Reichen und Silikongepolsterten und deren Anhänger. Wenn die Gewußt hätten das ich vor einer Woche das letzte mal geduscht hatte, hätten sie wohl einen großen Bogen um mich gemacht ;o) Es machte mir im übrigen so gar nichts aus, wir schwammen ja jeden Tag im Meer und wuschen uns dann Abends mit einem Lappen und Seife mit Süßwasser ab. Trotzdessen tat die Dusche dann sehr gut, denn meine langen Haare über dem Eimer waschen war schon recht mühsam. Wir sahen dann aber auch zu, schnell alle Dinge die wir brauchten zu besorgen und fuhren ausgeschlafen am nächsten Morgen ab. Schließlich hatten wir eine lange Strecke von ca. 150sm vor uns und wollten beide wach bleiben um auch ja nichts zu verpassen.