Das Pfeifen des Windes

DSC_0516_1Die meiste Zeit einer Weltumsegelung wartet man wahrscheinlich auf passendes Wetter. Nun bin ich schon 2 Wochen hier auf Gran Canaria und noch kein einziges mal gesegelt Trauriges Smiley und trotzdem genieße ich dieses neue Leben. Alles geht langsamer und gemächlicher, man sitzt und plaudert mit anderen Langfahrern, besichtigt die Insel, geht schlendern und nachts die Clubs unsicher machen.

DSC_0534_1Gran Canaria ist landschaftlich wirklich schön und abwechslungsreich. Die bergige Küstenstraße muss man mit einigem Tempo befahren, sonst rollt man wahrscheinlich rückwärts wieder hinunter. Übrigens hilft auch hier, wie beim segeln, sich einen festen Punkt zu suchen und sich darauf zu konzentrieren, da dank des extremen Höhenunterschiedes der Magen rebellieren kann. Sehr charakteristisch für Gran Canaria sind wohl auch die Wetterschwankungen, während es im Norden kühl und windig und auch bewölkt sein kann, ist es im Süden sonnig und mindestens 5°C wärmer. Es ist in jedem Fall empfehlenswert immer eine Jacke dabei zu haben, denn auch hier ist es schließlich Winter.

DSC_0544_1Man findet also immer etwas, was man besichtigen kann oder aber man verbringt tatsächlich einen ganzen Tag damit seine Wäsche zu waschen. Wenn ich daran denke wie man zu Hause, kaum hatte man einen freien Tag, zwischen Tür und Angel eine Maschine anschmiss, danach einkaufen ging, die Wohnung putzte und dann mal eben schnell die Wäsche auf hing. Hier geht man nach dem gemeinsamen Frühstück zum Waschraum, oder wie in meinem Fall zu einer benachbarten Seglerin, die eine Waschmaschine auf dem Boot hat. Dann sitzt und plaudert man und wartet bis die Wäsche gewaschen ist. Dank schlechtem Wetter, was hier heißt 20°C und ab und an mal Nieselregen, geht man danach zum Waschraum und trocknet für 3,-€ mal eben 30 Minuten seine Wäsche. Während der Wartezeit, setzt man sich ins benachbarte Restaurant und plaudert dort weiter mit anderen deutschsprachigen Wartenden. Und schwubs ist es beinahe Abend und man hat gewaschene Wäsche und viele neue Leute kennengelernt.

DSC_0525_1Genauso ist das auch mit dem Wetter, man steht morgens auf, es nieselt etwas oder der Wind bläst aus der falschen Richtung. Somit geht man erst einmal zur “Sailors Bar” und trinkt einen Kaffee. Dort trifft man wiederum andere Langfahrer denen es genauso geht und schwubs ist es Abend und man ist wieder nicht rausgefahren, obwohl das Wetter inzwischen besser geworden ist. Nun fährt unser ersten Gast morgen unverrichteter Dinge wieder ab und übermorgen kommen dann Neue. Ich hoffe das Wetter wird bis dahin besser, so das wir Anfang April nach Teneriffa segeln können, denn dort macht eine Freundin von mir Urlaub und ich würde gern meinen Geburtstag mit ihr feiern. Nunja, erzwingen kann ich eh nichts, der Skipper hat das letzte Wort! Wie übrigens bei allem anderen auch, aber das ist okay, es ist sein Boot und er entscheidet wie er etwas haben möchte und wenn er seine flachen Teller unter den Tiefen haben möchte, bitte schön Zwinkerndes Smiley Ich habe eh den Eindruck, dass beim segeln andere Gesetzmäßigkeiten herrschen, viele Dinge die erst keinen Sinn erscheinen lassen, haben nach genauerem hinsehen dann doch Einen. Ich lasse mich da überraschen und lerne jeden Tag etwas neues. Allerdings ist es mir auch schon so ergangen, dass ich den Skipper mit erstauntem Blick ansah, woher er wüsste dass es draußen blasen würde. Ich vermutete dass er das an der Wolkenbildung oder auch an den Krisselungen auf dem Wasser hier in der Marina erkennen würde. Die entwaffnende Antwort war dann- “nee, an den wehenden Palmen auf der Kaimauer!” *lach* Was mir allerdings aufgefallen ist, ist das jeder noch so rebellische Aussteiger in vielen Dingen an der deutschen Tradition hängen bleibt. Ob das nun die deutsche Gründlichkeit und Ordentlichkeit ist oder auch die Pünktlichkeit und Einhaltung von Essenszeiten, jeder hier hat seine eigene kleine Marotte die er hegt und pflegt. Es ist also nicht alles Hexenwerk und ich bin gespannt ab wann ich mich eingefügt habe und dieses Leben Alltag wird, denn noch fühlt es sich wie Urlaub an.

Leinen los

11053229_929531443734854_2545457151679746812_nIch kann´s noch gar nicht fassen, aber es ist vollbracht! Ich habe tatsächlich ALLES erledigt und sitze auf einem Segelboot auf Gran Canaria. Die letzten Wochen waren gefüllt mit Organisation und Arbeit, aber es war dennoch streßfrei und ich hatte Zeit um mich noch einmal ausgiebig von meinen Freunden und ehemaligen Kollegen zu verabschieden. Selbst Wellnesstage und Kinobesuche waren noch dabei, ich kann mir also auf die Schulter klopfen, war gut geplant alles!

Die Wohnung ist renoviert, leer geräumt und vermietet an ein nettes Pärchen, die eine Familie gründen wollen, sie sind bereits am 1.3. eingezogen. Mein Sohn wohnt bei seinen Kumpels in ner Männer-WG mit Playboy auf´m Clo und weiß seit Anfang des Monats was es heißt für sein Geld arbeiten zu gehen. Und ich habe noch ein paar Tage in meiner kleinen 20qm Kellerwohnung verbracht und den letzten Behördenkram erledigt. Das ging übrigens alles großteils ganz unkompliziert von statten. Ich habe all meine Versicherungen und Verträge für die Wohnung gekündigt und war sehr überrascht, das die GEZ am unkompliziertesten reagiert hat. Ich hatte allen geschrieben, dass ich den Vertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen möchte und ab 1.3. nicht mehr dort wohne und auch von Werbungsversuchen absehen möchte da ich ins Ausland gehe, nur die Versicherungen wollten darüber Nachweise und die Telefongesellschaften haben natürlich auf keinen Monat Beitragszahlung verzichtet. Auch beim Arbeitsamt habe ich nur angeben müssen, dass ich ab 11.3. auf den Kanaren leben möchte, habe dort die Adresse der Marina angegeben und einen Antrag auf Leistungsmitnahme (PD U2) gestellt. Ich musste mich innerhalb von 7 Tagen beim AA Las Palmas gemeldet haben, auch das lief völlig unkompliziert, wenn man denn das richtige AA erwischt. Die Spanier sind Ausländern gegenüber super freundlich und zuvorkommend, so das ich fast gar nicht warten musste und der einzige englisch sprechende Mitarbeiter sofort für mich geholt wurde, der auch prompt den Antrag kannte und problemlos bearbeitete. Man muss nur darauf achten einen Pass zu haben, denn unser deutscher Personalausweis wird nicht anerkannt. Nun bekomme ich 3 Monate lang meine Arbeitslosengeld I vom deutschen AA weitergezahlt, danach entfällt eine Weiterzahlung. Da ich dann aber erst 7 Monate lang ALG I in Anspruch genommen habe, kann ich mich innerhalb von 4 Jahren wieder zurück melden und dann die restlichen 5 Monate in Anspruch nehmen. Ich habe also immer noch einen Auffangpuffer falls alle Stricke reißen.

Das Loskommen wird einem also wirklich einfach gemacht, das Bleiben war durchaus schwieriger. Ich hatte ja um unsere Kasse ein wenig aufzupeppen schon im Dezember Wohngeld beantragt und da mein Sohn in den letzten 3 Monaten auch keinen Job hatte und ich ja nur ALG I bekam, hatte er sich im Jobcenter gemeldet um Hartz IV zu beantragen. Es war ein unendlicher Papierkrieg, denn da wir zusammen in einer Wohnung lebten, waren wir eine Bedarfsgemeinschaft und somit musste auch ich Hartz IV beantragen. Das wiederum war gar nicht so einfach mit einer Eigentumswohnung, so dass die Damen ziemlich überfordert mit ihren Berechnungen waren. Wieviele Bäume sterben mussten, nur weil alles in Papierform erfolgen muss und das im Internetzeitalter, per Email war einfach nicht möglich. Das steigerte sich bis ad absurdum, denn von mir wurde u.a. ein aktueller Grundsteuerbescheid für die Wohnung angefordert, den es aber laut Finanzamt seit 2007 gar nicht mehr gibt. Ganze DREI Monate brauchte die Leistungsabteilung des Jobcenters um auszurechnen, dass wir insgesamt für uns 2 Personen nur 364,-€ bekommen!!! Allerdings haben sie einberechnet, dass ich für meinen Sohn noch Kindergeld bekomme, was gar nicht mehr der Fall ist, da er über 21 Jahre alt ist und eine abgeschlossene Berufsausbildung hat. Aber um so schneller waren sie, mir deshalb das ALG I zu kürzen. Nunja, nun dürfen sie nochmal von vorn, ich bleibe gespannt, auch wann die Wohngeldstelle mit ihren Berechnungen fertig ist, die brauchten nämlich erst die Angaben des Jobcenters. Es ist jedenfalls traurig dass man nach 30 Jahren Arbeit und immer schön Beiträge einzahlen, so wenig und eben so gar nicht zeitnah unterstützt wird, wenn man selbst mal Hilfe braucht. Ich bin froh da raus zu sein und hoffe nicht so schnell wieder da hineinzugeraten.

Und jetzt ist auch Schluss mit diesem ganzen Kram, jetzt wird erstmal durchgeatmet und das Leben genossen.

Die Marina in Las Palmas unterscheidet sich gravierend von anderen Marinas, da hier fast ausschließlich Langfahrer liegen. Die Boote sind schwimmende Häuser und keine Gartenlauben oder Ferienwohnungen mehr, bis zur Waschmaschine fehlt nichts was das Herz begehrt. Überall schraubt, schleift, sägt und schweißt es. Inzwischen habe ich hier auch schon ein paar Langfahrer kennengelernt, Gestrandete und auch Durchreisende und es tut wirklich gut nicht mehr mit großen Augen angeschaut zu werden, wenn man erzählt was man vor hat. Nächsten Mittwoch kommt dann der erste Gast und wir werden sicher auch hinausfahren. Auf jeden Fall dann aber wenn Ende des Monats zwei andere Chartergäste kommen, dann wollen wir nach Teneriffa segeln und eine Freundin von mir besuchen um dort meinen Geburtstag zu feiern. Ich bin gespannt und freue mich schon sehr auf die ersten Schläge Smiley mit geöffnetem Mund